Aktive Altenpflege: In England feiern Thierry Henry (34) und Paul Scholes (37) umjubelte Comebacks. Wie das bei Johann Vogel (34) und den Grasshoppers aussieht, ist noch ungewiss.
Ein Comeback wie ein Staatsgeheimnis: Paul Scholes hängt bei Manchester United noch eine Restsaison dran. (Bild: Reuters)
Ist Ihnen auch so nostalgisch zumute? Nachdem Frau Beckham letzte Woche ihr Veto gegen einen ordentlich entlöhnten Abstecher ihres Gatten nach Paris einlegte und lieber im erträglichen kalifornischen Winter bleiben will, war man ja ein bisschen traurig. Dem schönen David hätte man schon noch gerne beim Flanken aus dem Halbfeld zugeschaut, und irgendwas hätten sich seine PR-Strategen für den Abstecher in die Stadt der Liebe schon einfallen lassen, um uns neben dem Fussballplatz zu unterhalten.
Sei’s drum. Die Biogerontologie bekommt andere wertvolle Studienobjekte präsentiert. Im Tagesrhythmus quasi. Am Sonntag feierte Paul Scholes bei Manchester United ein vielbeachtetes Comeback. Erst eine Stunde vor Anpfiff des FA-Cupspiels beim Stadtrivalen City wurde es annonciert, «und selbst wir wussten es nicht, bevor in der Umkleidekabine waren», erzählt Wayne Rooney.
Nach dem verlorenen Champions-League-Final im Mai gegen Barcelona war Scholes zurückgetreten, nach 676 Spiele für Manchester United. Scholes gehört vielleicht zu den am geringgeschätztesten Spielern unter jenen mit einem grossen Namen. Ein Superstar im landläufigen Sinn ist er nicht, aber BBC-Fussballchef Phil Mc Nulty schrieb ihm schon im Mai hinterher: «Der Meister wird schmerzlich vermisst werden.»
Der Rest ist bekannt, mit einer Formkurve, die wie eine Achterbahn aussieht, manövriert sich Manchester durch die Saison. Die negativen Höhepunkte waren die 1:6-Schmach in der Premier League daheim im Stadtderby gegen die Citizens – und das Aus in der Champions League gegen den FC Basel. Die Scharte gegen City haben sie am Sonntag ausgewetzt – mit einem 3:2-Sieg beim Stadtrivalen und mit Paul Scholes. Der Fehltritt gegen die Basler ist nicht mehr wettzumachen, da hilft auch ein 37-jähriger Paul Scholes nicht mehr. Was der Mann, der sich seit dem Sommer in der zweiten Mannschaft fit gehalten hat, noch im hohen Alter für einen Wert hat, zeigt die eindrückliche Bilanz seiner letzten 16 Premier-League-Einsätze: Etwas über 1000 Pässe hat er gespielt und 92 Prozent davon erreichten auch den Adressaten.
Thierry Henry: Ein Witz mit Pointe
Der nächste Tag, eine andere Stadt, ein anderer Held: Thierry Henry kehrt vorübergehend zu seiner alten Liebe Arsenal FC nach London zurück. Auch schon 34-jährig er, bei den New York Red Bulls sind es noch mehr als zwei Monate bis zum Saisonstart, also trainiert er bei seinem alten Meister Arsène Wenger und setzt sich im Cupspiel gegen Leeds United auf die Bank.
Vorübergehend zurückgekehrt: Thierry Henry trifft im Cup für Arsenal (Bild: Reuters)
Noch bevor Thierry Henry, der für die Gunners zwischen 1999 und 2007 in 369 Pflichtspielen 226 Tore erzielt hat, eingewechselt wird, haben ihn die Fans in einer Internet-Abstimmung zum «Man of the Match» gewählt, was durchaus nachvollziehbar ist bei dem Stellenwert, den der Franzose bei den Briten (nicht bei den Iren!) geniesst. «Ein Witz», meinte Henry dennoch, als er von der Abstimmung erfuhr. Und man könnte sagen: selten so gelacht. Denn neun Minuten nach seiner Einwechslung machte Henry in einem fast schon klassischen Muster – freigespielt über den linken Flügel, trockener, ganz überlegter, flacher Abschluss mit dem begnadeten rechten Fuss – das 1:0 und damit den Siegtreffer für Arsenal.
An Weihnachten urlaubte Henry noch irgendwo in Mexiko herum, nun lässt er Arsenal wieder schwelgen. «Es ist die Art von Geschichte», sagt Wenger, «die man kleinen Kindern erzählt, wenn man ihnen einen Geschichte über Fussball erzählen will.»
Johann Vogel und die aktive Altenpflege
Welche Geschichte uns Johann Vogel bieten wird, ist noch nicht aufgeschrieben. Noch hat er es nicht zu einem Wettbewerbsspiel für den Grasshopper Club (O-Ton auf der Homepage: «Den Jungen gehört die Zukunft. Auch im Fussball») gebracht. Aber am Mittwoch kam es in Niederhasli immerhin in einem Freundschaftsspiel zum Comeback eines der polarisierendsten Schweizer Profis der jüngeren Vergangenheit. Seit etlichen Wochen schon trainiert der einst von Köbi Kuhn in der Nationalmannschaft abrasierte Mittelfeldspieler mit der ersten Mannschaft. Eine Qualifikation für die letzten Runden im Spätjahr hat GC bei der Liga nicht hinbekommen, aber jetzt steuert Vogel, der im März 35 Jahre alt wird, auf eine grosse Rückkehr in der Super League hin. Erste Referenz: Beim 3:2 im Test gegen den FC Biel steuerte er in der 52. Minute ein Tor bei und liess sich vier Minuten später auswechseln.
Euphorie in Niederhasli: Johann Vogel empfiehlt sich mit einem Tor für sein Comeback bei GC. (Bild: Freshfocus)
Am Donnerstag ganz frisch reingekommen: Robbie Keane, 31-jährige irische Stürmerikone und vergangenen Sommer erst von Tottenham zu den Los Angeles Galaxy gewechselt, setzt die Reihe der reaktivierten Senioren in der Premier League fort und überbrückt bei Aston Villa bei zum Start der Major League Soccer.
Bei so viel aktiver Altenpflege vorstellbar: Aus der Versenkung in Brühl könnte Marc Zellweger hervorgeholt werden, und Raphael Wicky mit seinen 34 Jahren noch mal was Vernünftiges machen, statt im Schatten von Gilbert Gress nutzloses Zeugs über Fussballspiele zu quasseln. Kandidaten für kurzzeitige Reanimationen auf Schweizer Bühne: Eric Hassli (Vancouver) hilft ein paar Wochen beim darbenden FCZ aus und Seydou Doumbia (ZSKA Moskau) bis zum Saisonstart im März in Russland bei den Young Boys.