Diese Fabrik ist schick: Ein Besuch in den Salinen von Arc-et-Senans

Die muschelförmige Halbkreisgeometrie der Saline Royale von Arc-et-Senans ist elegant. Doch hinter der Fassade mussten Arbeiter früher schuften, bis sie krank wurden.

Architektur des Absolutismus: Panoramabild der Königlichen Saline von Arc-et-Senans.

(Bild: I. Rsuessrb)

Die muschelförmige Halbkreisgeometrie der Saline Royale von Arc-et-Senans ist elegant. Doch hinter der Fassade mussten Arbeiter früher schuften, bis sie krank wurden.

Kennen Sie Claude-Nicolas Ledoux? Wohl kaum. Der französische Gelehrte hatte sich nach 1760 einen Namen als Architekt für die Pariser Oberschicht gemacht. Die meisten seiner Villen und Pavillons sind heute verschwunden oder wurden nie gebaut. Ein Ensemble aber blieb erhalten und hat – völlig zu Recht – den Status eines Unesco-Weltkulturerbes erlangt: Die königlichen Salinen von Arc-et-Senans im Département Doubs, zwei Autostunden von Basel entfernt.



Architektur des Absolutismus: Panoramabild der Königlichen Saline von Arc-et-Senans.

Architektur des Absolutismus: Panoramabild der Königlichen Saline von Arc-et-Senans. (Bild: I. Rsuessrb)

Schon zur Zeit der Römer wurde in der Region Salz gewonnen. Später füllte das hochbesteuerte weisse Gold verlässlich die Staatskassen, und die Kleinstadt Salins-les-Bains wurde zum wohlhabenden Zentrum der Salzsiederei. Als Ledoux die Anlagen im Jahr 1771 im Auftrag des Königs inspizierte, waren sie jedoch bereits veraltet. Dazu wuchs rund um den Ort kein gerader Baum mehr – das Verdampfen der Sole verschlang Unmengen von Holz. Ledoux schlug daher den Bau einer neuen Saline am Rand eines weitläufigen Waldes vor, 35 Kilometer südlich von Besançon.

Salzige Träume und hochtrabende Pläne

So entstand 1778 die Saline Royale von Arc-et-Senans, ein stattliches Ensemble aus elf Fabrikations-, Verwaltungs- und Wohngebäuden in muschelförmiger Halbkreis-Geometrie. Man könnte sagen, es war die erste Fabrik mit Schick, und in seinen salzigen Träumen baute Ledoux den Komplex gar zu einer kreisförmigen Idealstadt aus, die freilich nie realisiert wurde – 60 Architekturmodelle zeugen im Ledoux-Museum von diesen und weiteren hochtrabenden Plänen. 

Angesichts der klassizistischen Eleganz könnte man fast vergessen, dass hinter den Fassaden der eiserne Rationalismus den Taktstock schwingt: Alle Fluchtlinien führen zum Direktorenhaus, in dessen Giebel das «Auge des Direktors» (ein Rundfenster) Tag und Nacht über die Produktion wacht.



Das Auge des Direktors sieht alles: Blick auf den Hof mit Direktorenvilla (links) und Salzsiederei

Das Auge des Direktors sieht alles: Blick auf den Hof mit Direktorenvilla (links) und Salzsiederei. (Bild: Openroads)

Das Areal hatte nur einen einzigen Zugang, und das Wächterhaus beherbergte auch ein Gefängnis. Eigentlich war die gesamte Anlage eine geschlossene Anstalt: Die Arbeiter durften den Komplex nicht verlassen, und damit sie in der raren Freizeit nicht auf dumme Gedanken kamen, wurde ein Ring von kleinen Gärten angelegt. Heute werden diese Parzellen von Gartenschulen fantasievoll bis spektakulär gestaltet – eine schöne Inspirationsquelle für Hobbygärtner.

Ab in den Stollen 

Wer die Quellen des Wohlstands sehen möchte, fährt weiter ins nahe Salins-les-Bains. Zur Zeit Ledoux‘ zählte die Garnisonsstadt 8000 Einwohner; heute sind es noch 3000. Mit der französischen Revolution fiel das Salzmonopol, der Salzpreis rutschte in den Keller. Wo vormals die Sole dampfte, entstanden Parks, Hotels, Kliniken, ein Casino und natürlich das Solbad, das den Schritt vom Kur- zum Wellness-Zeitalter allerdings noch vor sich hat. Bereits saniert wurden die alten Salinen: In rollstuhlgängigen Stollen lässt sich hier die Industriegeschichte hautnah erleben. 



Heute ein Kurort: Salins-les-Bains mit Vauban-Festung und Salzmuseum (vorne rechts)

Heute ein Kurort: Salins-les-Bains mit Vauban-Festung und Salzmuseum (vorne rechts). (Bild: Arnaud 25)

Und Claude-Nicolas Ledoux? In den Wirren der Revolution zog der Baumeister des Ancien Régime seinen Kopf aus der Schlinge, indem er die Saline Royale wortreich zum Prototyp einer demokratischen Ordnung verklärte. Dass viele Arbeiter früh erkrankten, da Ledoux aus ästhetischen Gründen die Salzsiederäume ohne Schornsteine bauen liess, ist eine andere Geschichte – der Ausbau von Salins-les-Bains zur Kur- und Bäderstadt kam für sie zu spät.

  • Für Abenteurer: Die Gîtes du Village Vauban bieten einfache Apartments im renovierten Fort Saint-André hoch über Salins-les-Bains. 
  • Für Gourmets: La Table d’Euphrosyne, familiäres Restaurant mit Fondue-Spezialitäten.
  • Für Süsse: Das beste Tiramisu gibt es im Bistrot Le P’tit Blanc im Grand Hotel les Bains.
  • Für Grüne: Die Gärten der Saline Royale werden jedes Jahr von Schulen für Garten- und Landschaftsbau neu gestaltet. Aktuelles Thema: «The travellers‘ gardens».

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