Die Swiss Press Awards nutzte Bundesrätin Simonetta Sommaruga, um überschnelle Online-Medien zu kritisieren, und um herausragende journalistische Leistungen zu würdigen. Für solche zeichneten sich dieses Jahr vor allem Journalistinnen verantwortlich.
Frauen haben beim diesjährigen Swiss Press Award für Lokaljournalismus abgeräumt. Gleich drei der vier Hauptpreise gingen an Journalistinnen. Bundesrätin Simonetta Sommaruga äusserte in ihrer Ansprache zur Preisübergabe kritische Gedanken über Online-Medien.
Mit dem ersten Preis im Bereich Print ausgezeichnet wurde am Mittwochabend Sophie Roselli von der Zeitung «Tribune de Genève» für einen Artikel über Jugendliche auf Dschihad-Abwegen. Roselli befragte für ihren Bericht Polizisten, Islamkenner, Moscheevertreter und Gläubige zu ihrer Verantwortung.
Den ersten Preis in der Kategorie Online erhielt Anetka Mühlemann von 24heures.ch für eine Reportage über einen der letzten Waadtländer Schindelmacher. Texte, Fotos und Videos seien zu einem reichhaltigen Werk zusammengestellt worden, an dem ein ganzes Produktionsteam mitgearbeitet habe, heisst es in der Begründung.
Bei den Videobeiträgen schaffte es Prisca Häberli von TeleBärn News auf den ersten Platz – mit einer mehrteiligen Reportage zum Thema Mobbing an der Schule Roggwil. Der Schulleiter musste als Folge der Berichterstattung schliesslich den Hut nehmen.
Als einziger Mann zu Ehren kam Matieu Klee vom Regionaljournal Basel von Schweizer Radio SRF. Er hatte in einem Radiobeitrag aufgedeckt, dass die Kontrollstelle für Schwarzarbeit im Kanton Basel-Landschaft mit öffentlichen Geldern schummelte, indem sie viel mehr Subventionen einstrich, als Löhne für Kontrolleure ausgezahlt wurden.
Preis für Tschernobyl-Reportage
Neben Lokaljournalisten wurde dieses Jahr zum zweiten Mal unter dem Titel Swiss Press Award auch ein Pressefotograf ausgezeichnet. Die höchste Auszeichnung dieser Kategorie ging an Niels Ackermann für eine Fotoserie über ein junges Paar, das gleich ausserhalb der Sperrzone bei Tschernobyl lebt. Erschienen sind die Bilder in den Zeitschriften «Das Magazin» und «L’Hebdo» sowie in den Zeitungen «Le Temps» und «Sonntags Zeitung».
Für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde Margrit Sprecher, wie schon im Februar bekannt worden war. Die Journalistin habe mit vielen Reportagen und Texten den deutschsprachigen Journalismus massgeblich beeinflusst, begründete die Fondation Reinhardt von Graffenried den Preis.
Mit den Preisen für Lokaljournalismus Print, Online, Radio und TV und dem Swiss Press Photo ehrt die Stiftung Medienschaffende, die im Lokaljournalismus und in der Pressefotografie in der Schweiz eine besondere Leistung erbracht haben.
Sommaruga kritisiert überschnelle Onlinemedien
Festrednerin an der Preisverleihung im Berner Hotel Bellevue Palace war Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Die Arbeit von Medienschaffenden sei von grösster Bedeutung für die Gesellschaft, betonte sie. Gewisse Entwicklungen, etwa den Umgang mit Online-Tickern, beurteilt sie allerdings kritisch.
«Wenn bei Pressekonferenzen im Online-Ticker über komplexe politische Geschäfte berichtet wird, dann bin ich mir nicht sicher, ob es sich dabei um technologischen Fortschritt oder journalistischen Rückschritt handelt», sagte die Justizministerin gemäss Redetext.
Und wenn Analysen zu wichtigen Regierungsbeschlüssen online bereits zehn Minuten nach einer Pressekonferenz erschienen, dann frage sie sich staunend, wie man in zehn Minuten gleichzeitig nachdenken, hinterfragen, überprüfen und einordnen könne.
Sommaruga warnte auch vor der Entwicklung, dass Schlagzeilen oft nur noch wenig mit dem Inhalt der Artikel zu tun hätten. Dies sei kein neues Phänomen, aber es ergreife «mehr und mehr auch Medien, die früher strengere Massstäbe ansetzten.»
An der Preisverleihung wolle sie die journalistische Qualität aber in erster Linie würdigen und nicht hinterfragen, sagte die Bundesrätin. Journalismus sei auch im Internetzeitalter absolut unverzichtbar für jede freie demokratische Gesellschaft. Dies zeigten die Panama-Papers in spektakulärer Weise.