Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem will reformwillige Mitgliedstaaten mit mehr Spielraum beim Abbau ihrer Schulden belohnen. Es brauche einen «neuen Wachstumspakt», der Reformen mit der Haushaltssanierung und Investitionen verbinde, sagte Dijsselbloem in Luxemburg nach einem Treffen der Euro-Finanzminister.
«Es ist entscheidend, dass wir die Investitionen ebenso stärken wie die Reformagenda», sagte Dijsselbloem. «Wir können solche Länder unterstützen, die zusätzliche Reformanstrengungen unternehmen, indem wir Investitionen in diesen Ländern fördern», sagte der Niederländer. «Und indem wir Strukturreformen ernsthaft einbeziehen, wenn wir die Haushaltspolitik prüfen.»
Die EU diskutiert derzeit intensiv über die richtige Balance zwischen Spar- und Wachstumspolitik.
Während Deutschland auf Reformen als Voraussetzung für Wachstum pocht, fordern wirtschaftlich unter Druck stehende Staaten wie Frankreich und Italien mehr Spielraum beim Defizitabbau zugunsten von wachstumsfördernden Investitionen. Dijsselbloem will nun beide Seiten durch seinen Vorschlag verbinden.
Späte Pläne
Für das mit seinem anhaltend hohen Defizit kämpfende Frankreich kommen solche Pläne aber zu spät: Die Euro-Länder müssen am Mittwoch ihre Haushaltspläne für 2015 in Brüssel einreichen. Die EU-Kommission hat dann bis Monatsende Zeit, die Pläne durchzurechnen. Angesichts der von Paris bereits angekündigten Zahlen droht dem Land, dass die EU-Kommission das Budget zurückweist.
Frankreichs Budgetentwurf für 2015 sieht vor, dass das Defizit leicht auf 4,3 Prozent der Wirtschaftsleistung sinkt. Damit liegt es jedoch noch immer deutlich über dem EU-Grenzwert von 3,0 Prozent, den die mit massiven wirtschaftlichen und finanziellen Problemen kämpfende sozialistische Regierung in Paris nach einem bereits gewährten Aufschub eigentlich im kommenden Jahr wieder einhalten soll.
In der EU werden von der zweitgrössten Volkswirtschaft der Eurozone mehr Anstrengungen gefordert. Die französischen Zahlen seien «nicht sehr hoffnungsvoll», sagte Dijsselbloem. «Ich bin zuversichtlich, dass die französische Regierung einen soliden und vernünftigen Budgetplan einsenden wird», mahnte er und forderte die Regierung in Paris damit indirekt auf, das Budget zu überarbeiten.
Valls fordert Respekt
EU-Wirtschaftskommissar Jyrki Katainen betonte zwar, dass eine Entscheidung zu den Budgets der Mitgliedstaaten noch nicht gefallen sei, bei der Regierung in Paris steigt angesichts des befürchteten Tadels aus Brüssel aber die Nervosität.
Premierminister Manuel Valls forderte am Wochenende, «Respekt vor Frankreich». Finanzminister Michel Sapin sagte in Luxemburg, nur das französische Parlament könne den Haushalt ändern. «Aber eine Parlamentsdebatte ist eine Debatte, in der Zahlen sich ändern können», fügte Sapin hinzu.