Ein lebenslängliches automatisches Berufs- und Tätigkeitsverbot für Pädokriminelle geht dem Parlament zu weit. Es lehnt die Volksinitiative dazu ab, wenn auch äusserst knapp. Ein direkter Gegenvorschlag ist definitiv gescheitert, die Initiative kommt zur Abstimmung.
Der Ständerat beerdigte am Donnerstag stillschweigend seinen direkten Gegenvorschlag für die Volksinitiative «Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen». Tags zuvor hatte der Nationalrat dieses Vorgehen zum zweiten Mal abgelehnt.
Zur Initiative fällte der Ständerat die Nein-Parole mit 21 zu 14 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Knapper war der Ausgang im Nationalrat: Ratspräsidentin Maya Graf hatte mit Stichentscheid den Ausschlag für die Ablehnung gegeben. In der Frühjahrssession hatte die grosse Kammer sich – ebenfalls knapp – für die Initiative ausgesprochen.
Die Ablehnung durch das Parlament dürfte auf dem Papier nur einen geringen Wert haben. Selbst die Gegner der Initiative, welche das Anliegen unterstützen, aber den Weg als verfassungswidrig bezeichnen, räumen dem Anliegen vor dem Volk gute Chancen ein.
Die Initiative verlangt, dass nie mehr mit Minderjährigen oder Abhängigen arbeiten darf, wer sich an Kindern und Abhängigen sexuell vergangen hat und dafür verurteilt worden ist. Die Urheberin der Initiative, die Organisation Marche Blanche, hatte bereits die umstrittene Unverjährbarkeitsinitiative lanciert, und die Abstimmung dazu gewonnen.
Keine Einigung
Ein direkter Gegenvorschlag, vorab von FDP, CVP und GLP propagiert, war am Widerstand der SVP sowie von SP und Grünen gescheitert. Während die SVP von Anfang an für die Initiative war, gingen der Linken die meisten Vorschläge zu weit.
Der Verzicht auf einen direkten Gegenvorschlag sei vor allem pragmatischer Natur, sagte Anne Seydoux (CVP/JU) im Namen der vorberatenden Rechtskommission. Es fehle die Zeit für eine weitere Diskussion, da das Parlament in dieser Session die Initiative wegen der ablaufenden Frist fertig beraten müsse.
In die Verfassung gehörten keine «Symbole und Signale», die nicht umgesetzt werden könnten, warb Bundesrätin Simonetta Sommaruga für die Ablehnung der Initiative. Kritisch an der Initiative ist, dass sie das Verhältnismässigkeitsverbot der Verfassung missachtet: Ein automatisches Verbot lässt den Einzelfall ausser Acht.
Indirekter Gegenentwurf auf Kurs
Ihre Hoffnung setzen die Initiativgegner nun in Gesetzesverschärfungen, die der Bundesrat als indirekten Gegenentwurf vorgeschlagen hatte. Für den besseren Schutz von Kindern vor Pädophilen, über den sich alle einige seien, eigneten sich diese Massnahmen besser als die Volksinitiative, sagte Sommaruga.
Zu diesen Verschärfungen, die der Ständerat, nicht aber der Nationalrat bereits verabschiedet hat, gehört unter anderem ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot für Pädokriminelle, wie es die Initiative verlangt. Im Unterschied zum Volksbegehren könnten Richter aber die Dauer des Verbots je nach Schwere der Tat variieren.
Enthalten sind in dieser Vorlage auch Kontakt- und Rayonverbote für verurteilte Sexualstraftäter. Zudem soll die Grundlage geschaffen werden für einen speziellen Strafregisterauszug, mit dem Bewerber für die Arbeit mit Kindern ihre Unbescholtenheit beweisen müssten.
Justizministerin Sommaruga kündigte an, sie werde sich dafür einsetzen, dass der Nationalrat möglichst bald nachziehe. Möglich ist, dass die Massnahmen zum Zeitpunkt der Abstimmung bereits beschlossen sind – und im Abstimmungskampf den Gegnern Unterstützung liefern. In Kraft treten könnten sie allenfalls Anfang 2015.