Zur Halbzeit des 50. Berliner Theatertreffens ist am Wochenende das Zürcher Theater Hora vom Publikum bejubelt worden. Das konzentrierte, 90 Minuten «kurze» Stück «Disabled Theater» zog die Zuschauer in seinen Bann.
Bei der begeistert gefeierten Inszenierung «Disabled Theater» erzählen, tanzen und spielen elf behinderte Künstler mit grosser Professionalität, Leidenschaft und Ausstrahlungskraft. Dabei geht es nicht um eine fremde Geschichte, die dargestellt wird.
Die Schauspieler, die das Down-Syndrom oder eine Lernschwäche haben, spielen sich selbst. Eine ganze Minute lang sollen sie in der Choreografie des Franzosen Jérôme Bel am Anfang einzeln und stumm auf der Bühne stehen und ins Publikum schauen.
Später tanzen sie solo zu ihrer jeweiligen Lieblingsmusik und erzählen auf Schweizerdeutsch mit englischer und deutscher Übersetzung, welches Handicap sie haben. Der Zuschauer ist gefordert, eine Haltung zu entwickeln.
Bewusst provoziert die Inszenierung Fragen: Werden die Behinderten vorgeführt oder führen sie uns etwas vor und freuen sich über Lachen und Applaus? Warum gehen die Künstler selbst so unbefangen mit ihrer Unvollkommenheit um, was ist überhaupt «normal» und was bedeutet es, «anders» zu sein?
Mit Schauspielausbildung
Erstmals zeigte das Festival eine Produktion mit ausschliesslich behinderten Darstellern. Die Inszenierung sei eingeladen worden, weil das Theater Hora kein soziales Projekt, sondern ausdrücklich ein Theaterprojekt sei, sagte Festivalleiterin Yvonne Büdenhölzer.
«Bei dieser Inszenierung wird der Zuschauer mit Fragen konfrontiert, die ihn neu auf Theater blicken oder anders über das Thema Behinderung nachdenken lassen», sagte Büdenhölzer. Am Theater Hora können Menschen mit einer geistigen Behinderung auch eine staatlich anerkannte Schauspielausbildung machen.
Auf dem Programm des Theatertreffens steht bis zum 20. Mai unter anderem noch Brechts «Die heilige Johanna der Schlachthöfe» vom Schauspielhaus Zürich in der Regie von Sebastian Baumgarten.