Das sensationelle Aus von Novak Djokovic gibt dem Turnier in Wimbledon eine völlig neue Dynamik. Einer der Nutzniesser könnte Roger Federer sein – genauso gut aber auch Milos Raonic oder Marin Cilic.
Nie seit seinem ersten Triumph 2003 startete Roger Federer nach Verletzungssorgen mit so geringen Erwartungen ins Turnier in Wimbledon wie heuer. Nach einer ersten Woche, die für ihn nicht hätte besser laufen können, muss er nun aber über die Bücher. «Ich stehe ohne Satzverlust im Achtelfinal, das ist mehr als ich mir erhoffen konnte», stellt der 34-jährige Basler zufrieden fest. Mit dem Ausscheiden von Novak Djokovic, dem er in den letzten beiden Jahren jeweils im Final unterlegen war, gegen den Amerikaner Sam Querrey (ATP 41) sind seine Chancen auf einen achten Titel in Wimbledon schlagartig gestiegen.
Der Einbruch Djokovics konnte so nicht erwartet werden. Zuvor hatte der Serbe vier Grand-Slam-Turniere und 30 Partien in Folge gewonnen. Sein Aus ändert die Dynamik in der oberen Tableauhälfte beträchtlich – nicht nur für Federer. Milos Raonic, einer der Mitfavoriten, der wie Federer noch ohne Satzverlust ist, würde im Viertelfinal nicht wie erwartet auf Djokovic treffen, wenn er sich am Montag gegen David Goffin durchsetzt, sondern auf Querrey oder den Franzosen Nicolas Mahut (ATP 51).
Federer tut jedoch gut daran, nicht bereits Richtung Halbfinal oder sogar Final zu blicken. Im Achtelfinal am Montag (14.00 Uhr Schweizer Zeit) gegen den Amerikaner Steve Johnson ist er zwar klarer Favorit. Die Nummer 29 der Welt, die erstmals bei einem grossen Turnier die zweite Woche erreicht hat, ist nach seinem Turniersieg vor einer Woche in Nottingham jedoch voller Selbstvertrauen. Vom Coup seines Doppelpartners Querrey inspiriert, sagt er: «Das wird eine fantastische Erfahrung. Ich gehe auf den Platz, um zu gewinnen.» Mit Johnson trifft Federer im vierten Spiel in Wimbledon auf den vierten Spieler, dem er zuvor nie gegenüber gestanden ist.
Im Fall eines Sieges wird für Federer aber bereits der Viertelfinal eine echte Knacknuss. Dort würde der Sieger des hochklassigen Duells zwischen Marin Cilic, dem bärenstarken US-Open-Champion 2014, und dem Japaner Kei Nishikori warten.
In der unteren Tableauhälfte bleibt Lokalmatador Andy Murray der grosse Favorit auf den Finaleinzug. Der Schotte, der in den ersten drei Partien ausnahmslos zu überzeugen wusste, steht aber am «Super Monday» mit sämtlichen Achtelfinals im Männer- und im Frauenfeld vor einer tückischen Aufgabe. Er bekommt es mit dem exzentrischen Australier Nick Kyrgios zu tun. Ebenfalls reizvoll ist das französische Duell zwischen Vorjahres-Halbfinalist Richard Gasquet und Jo-Wilfried Tsonga, der am Sonntag gegen den Aufschlagriesen John Isner nach knapp viereinhalb Stunden 19:17 im fünften Satz gewann.