Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf glaubt nicht, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Italien vor 2015 in Kraft tritt. Die Finanzministerin gab dies in einem Brief an die Waadtländer SP-Nationalrätin Ada Mara bekannt.
Widmer-Schlumpf reagierte mit dem Schreiben indirekt auch auf Äusserungen Silvio Berlusconis. Dieser hatte im Wahlkampf versprochen, die unpopuläre, von der Regierung Monti ins Leben gerufene Immobiliensteuer in seinem Land abzuschaffen und den Italienern das Geld mit den Erträgen aus dem Steuerabkommen mit der Schweiz zurückzuzahlen.
Laut Berlusconi müsste die Schweiz demnach in einem ersten Schritt rund zwanzig Milliarden Euro nach Rom überweisen, danach jährlich fünf Milliarden Euro.
Bundesrätin Widmer-Schlumpf sieht dies allerdings anders. In ihrem auf der Webseite der Zeitung „Le Matin“ veröffentlichten Brief, dessen Kopie auch der Nachrichtenagentur sda vorliegt, schreibt sie, dass die beiden Länder den Dialog über Steuer- und Finanzfragen am vergangenen 9. Mai wieder aufgenommen hätten.
Unsichere Lage
Bern und Rom hätten vereinbart, fünf prioritäre Themen parallel zu verhandeln, darunter die Regularisierung der Vermögenswerte der in der Schweiz lebenden Italiener und die Quellensteuer für künftige Einkommen.
„Es haben seither Verhandlungen stattgefunden, die Fortschritte in verschiedenen Dossiers gebracht haben (…) Vor allem wegen der bevorstehenden Wahlen in Italien und der dadurch unsicheren künftigen Regierungszusammensetzung ist es zurzeit aber schwierig, Vorhersagen über das Datum des Abschlusses dieser Verhandlungen zu machen“, schreibt die Finanzministerin.
Laut Widmer-Schlumpf ist das Inkrafttreten eines Abkommens vor dem 1. Januar 2015 selbst dann schwierig, wenn es noch dieses Jahr unterzeichnet wird.
„X-ter Bluff“ von Berlusconi
Die italienische Linke zögerte nicht, umgehend auf das Schreiben von Widmer-Schlumpf zu reagieren. Sie sprach von einer „doppelten Lüge“ von Berlusconi.
Das Versprechen des „Cavaliere“, wonach die Italiener „noch bis kommenden Mai Geld in der Tasche“ hätten, sei in Tat und Wahrheit ein „x-ter Bluff“, kritisierte Illaria Di Bella, Mediensprecherin der Demokratischen Partei (PD), in einem Communiqué.