35 Jahre nach dem Ende ihrer Schreckensherrschaft hat ein kambodschanisches Sondertribunal die höchsten noch lebenden Anführer der Roten Khmer verurteilt. Nuon Chea und Khieu Samphan erhielten unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit lebenslange Haftstrafen.
Dies gab das Gericht in Phnom Penh bekannt. Es waren die ersten Urteile gegen Anführer der Roten Khmer, die zur Zeit der «Killing Fields» von 1975 bis 1979 für den Tod von bis zu zwei Millionen Menschen verantwortlich gewesen sein sollen.
«Bruder Nummer Zwei» Nuon Chea und der frühere Präsident des südostasiatischen Landes, Khieu Samphan, trügen eine Mitschuld an Vertreibungen, Morden und Hinrichtungen, begründete der Richter das Urteil.
Anwälte legen Berufung ein
Der 88 Jahre alte Nuon Chea und der 83 Jahre alte ehemalige Staatschef Khieu Samphan waren bei der Urteilsverkündung zugegen. Ihre Anwälte kündigten kurz nach dem Richterspruch an, Berufung einzulegen. Das Urteil sei «ungerecht», sagte Nuon Cheas Verteidiger Son Arun.
Wegen der Schwere der Verbrechen sollten die beiden trotz Berufung «in Haft bleiben, bis die Urteile rechtskräftig sind», sagte Richter Nil Nonn. Die beiden Angeklagten hatten im Prozess stets erklärt, von den Verbrechen der Führung nichts gewusst zu haben.
Die Staatsanwaltschaft des von der UNO unterstützten Sondertribunals hatte ihnen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord vorgeworfen und lebenslange Haft gefordert. Der Prozess gegen die früheren Anführer der kommunistischen Roten Khmer war bereits im vergangenen Jahr zu Ende gegangen, die Urteilsverkündung stand aber noch aus.
Langjährige Aufarbeitung
Das Tribunal zur Aufarbeitung der Verbrechen der Roten Khmer hatte seine Arbeit vor neun Jahren aufgenommen. In einem ersten Verfahren hat es bereits den Rote-Khmer-Anführer Kaing Guek Eav, bekannt als Duch, ebenfalls zu einer lebenslangen Haft verurteilt.
Duch hatte das berüchtigte Foltergefängnis Tuol Sleng geleitet. Pol Pot war gestorben, bevor er juristisch belangt werden konnte. Das Gericht hat 5800 Dokumente studiert und mehr als 140 Zeugen gehört.
Unter der Herrschaft der Roten Khmer, angeführt von dem 1998 verstorbenen «Bruder Nummer Eins» Pol Pot, kamen mindestens 1,7 Millionen Menschen ums Leben, fast ein Viertel der Bevölkerung Kambodschas. Die Menschen starben an den Folgen von Zwangsarbeit und Hungersnöten, wurden zu Tode gefoltert oder hingerichtet. Unter der Schreckensherrschaft litt praktisch jede Familie.