Bei strahlendem Frühlingswetter haben am Sonntag über 2600 Kinder am traditionellen Sechseläuten-Kinderumzug mitgemacht. Dazu kamen nach Angaben der Organisatoren rund 160 Betreuungspersonen und fast 800 Musikantinnen und Musikanten.
Sein wettermässiger Ausrutscher vom letzten Jahr hat Petrus offenbar Leid getan: Nach dem strömenden Regen vom 2014 fand der Sechseläuten-Kinderumzug 2015 bei Sonnenschein pur statt. Und es war so warm, dass viele Kinder und mancher der tausenden Zuschauer ins Schwitzen gerieten.
Punkt 14.30 Uhr gehts los – in so zügigem Schritt, dass manches der Kleinsten zwischendurch einen Spurt hinlegen muss. Angeführt wird der Umzug wie jedes Jahr vom Gastkanton. Dieses Jahr ist das der Kanton Zürich – der seinerseits unter dem Motto «Züri mitenand» vier Bergregionen eingeladen hat: Greyerzerland (FR), Schächental (UR) Obere Leventina (TI) und Val Müstair/Valsot (GR).
Das Greyerzerland ist mit einer Skifahrergruppe vertreten. In Renndress und Helm, mit den Brettern auf den Schultern oder mit Gras-Langlaufskis an den Füssen marschieren sie mit. Dahinter folgen die «Wildheuer» vom Schächental mit ihren Heurechen. Einer schleppt einen Heuballen auf den Schultern.
Aus dem Tessin sind Zwerge angereist und aus dem Bündnerland eine Gruppe Schellenursli. Die Treicheln dröhnen ohrenbetäubend, wenn die Kinder vorbeimarschieren.
Geschichtlicher Querschnitt
Der Umzug ist jeweils ein Querschnitt durch 900 Jahre Zürcher (Mode-)Geschichte: Viele Kinder tragen Kostüme aus der Romanik über Gotik und Barock bis hin zu Rokoko und Biedermeier. Da sind die Karlsschüler aus dem 13. Jahrhundert – heutzutage mit Mädchen – , Adlige und Handwerker, Landleute und Patrizier. Auch «orientalische Händler» fehlen nicht – mitsamt drei leibhaftigen Kamelen.
Den Abschluss bildet traditionellerweise ein internationaler Block unter dem Titel «Weltoffenes Zürich». Mit dabei sind hier rund 300 Kinder in Kostümen und mit Sujets aus ihren Herkunftsländern in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika.
Das erste Mal nur Buben
Gemäss einer Mitteilung des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs (ZZZ) wurde im Frühling 1862 zum ersten Mal ein «Jugendumzug» durchgeführt. Damals durften allerdings bloss die Buben mitmarschieren. Nach einer Pause folgte fünf Jahre später der zweite Jugendumzug – diesmal waren auch die Mädchen mit von der Partie.
Laut ZZZ beschreibt eine Mitteilung aus dem Jahr 1775 die Ursprünge des Sechseläutens: Wenn im Alten Zürich nach dem Winter die Kirchenglocken erstmals wieder um 18 Uhr Feierabend läuteten, trafen sich die Jungen auf bestimmten Plätzen. Sie gaben ihrer Freude durch Schiessen, Trommeln und das Anzünden von Scheiterhaufen mit Strohmännern Ausdruck.
Der offizielle Zug der Zünfte zieht am Montagnachmittag durch die Zürcher Innenstadt zum Sechseläutenplatz. Dort wartet auf einem riesigen Scheiterhaufen der «Böögg» ergeben auf seinen Feuertod. Sobald die Glocke von St. Peter 18 Uhr schlägt, wird der Holzstoss angezündet.