Dustin Brown ist in Gstaad – und eigentlich überall, wo er auftritt – der Farbtupfer schlechthin. Im fünften Anlauf steht der Rasta-Mann aus Niedersachsen erstmals im Viertelfinal.
Punkt für Punkt spielen, das wird jedem Junior und Amateurspieler gepredigt. Dustin Brown (ATP 99) demonstrierte am Donnerstag in Perfektion, wie das geht. «Matchbälle?», fragte der 31-jährige Jamaika-Deutsche verdutzt. «Das wusste ich nicht mal.» Er hatte bei seinem Dreisatz-Sieg gegen den 50 Plätze besser klassierten, zweifachen Gstaad-Champion Thomaz Bellucci beim Stand von 5:6 und 15:40 im zweiten Satz gleich zwei abgewehrt – und dies offensichtlich nicht mal bemerkt.
Die Episode passt irgendwie zu Brown, der trotz seines austrainierten Körpers eher wie ein Beach Boy als ein Spitzensportler aussieht – bis er mit wehenden Dreadlocks dynamisch Richtung Netz stürmt. Die Höhenlage Gstaads kommt seinem Angriffstennis entgegen, dennoch hat er erstmals den Viertelfinal erreicht, in dem er am Freitag auf einen anderen ehemaligen Sieger, Michail Juschni, trifft. «Ich komme immer gerne hierher», betont Brown, der als Sohn eines Jamaikaners und einer Deutschen in Celle und Montego Bay aufwuchs. «Es ist ein grossartiges Turnier. Viele haben Mühe, die Bälle von hinten zu kontrollieren. Das ist für mich ein Vorteil.»
Die Zeiten, als Brown vor zehn Jahren mit dem VW Camper, den er von seinen Eltern geschenkt erhielt, zu kleinen Turnieren fuhr, um die Kosten für Hotelübernachtungen zu sparen, und mit der eigenen Bespannungsmaschine für die anderen Spieler Schläger bespannte, um ein paar Dollar zu verdienen, sind lange vorbei. Der 1,96 m grosse Angriffsspezialist, der bereits für Jamaika und für Deutschland Davis Cup spielte, hat sich in den Top 100 der Weltrangliste etabliert. Spätestens seit seinem Erfolg in der 2. Runde von Wimbledon vor einem Jahr gegen Rafael Nadal ist er für mehr bekannt als nur für seine wehenden Haare, die er angeblich seit 20 Jahren nicht mehr geschnitten hat.
Ein Publikumsliebling war er dank seines spektakulären Auftretens schon lange. Oder wie es die Schweizer Nummer 3 Marco Chiudinelli, mit dem Brown am Donnerstag im Doppel-Viertelfinal in drei Sätzen ausschied, sagt: «Er sorgt praktisch in jedem Spiel für einen ‚Shot of the week‘.»
Die Tücken des Wetters in den Bergen lernte der als Nummer 2 gesetzte Gilles Simon kennen. Der Franzose, der in der 1. Runde von einem Freilos profitiert hatte, hatte darum gebeten, so spät wie möglich spielen zu können, da sein Gepäck nach dem Davis-Cup-Viertelfinal in Tschechien erst mit Verspätung im Berner Oberland angekommen war. Nun musste seine Partie gegen den brasilianischen Qualifikanten Thiago Monteiro nach drei Regenunterbrüchen beim Stand von 2:6, 3:4 und 0:40 auf Freitag verschoben werden. Simon steht also fünf Punkte vor dem Ausscheiden.