Echtheit des in Lugano gefundenen da-Vinci-Gemäldes umstritten

Das in Lugano beschlagnahmte Gemälde stammt vielleicht nicht ausschliesslich von Leonardo da Vinci. Kunstexperten äusserten sich skeptisch, darunter Carlo Pedretti. Auf ihn hatte sich die italienische Staatsanwaltschaft berufen, um die Echtheit des Werkes nachzuweisen.

Zwei Tessiner Beamte zeigen das beschlagnahmte Bild (Polizeibild) (Bild: sda)

Das in Lugano beschlagnahmte Gemälde stammt vielleicht nicht ausschliesslich von Leonardo da Vinci. Kunstexperten äusserten sich skeptisch, darunter Carlo Pedretti. Auf ihn hatte sich die italienische Staatsanwaltschaft berufen, um die Echtheit des Werkes nachzuweisen.

Pedretti hatte sich als Wissenschaftler an der Universität von Kalifornien (UCLA) lange Zeit mit dem Werk Leonardo da Vincis beschäftigt. Die italienische Staatsanwaltschaft von Pesaro verwies in einer Medienmitteilung vom Dienstag auf Pedretti, der die beschlagnahmte «Isabella D’Este» als ein Gemälde von Leonardo Da Vinci identifiziert haben soll.

Das Bild war am Montag in Lugano TI beschlagnahmt worden, nachdem die Staatsanwaltschaft Pesaro ein internationales Rechtshilfegesuch an die Tessiner Behörden übermittelt hatte.

Pedretti rudert zurück

Gegenüber der Nachrichtenagentur AP sagte Pedretti am Mittwoch, dass er das Gemälde «vor einigen Jahren» in der Schweiz begutachtet habe. Der Auftrag kam von einem Anwalt, der laut Pedretti die Besitzer vertrat. Im Herbst 2013 veröffentlichte das Magazin «Sette» des «Corriere della Sera» einen Artikel, der nahe legt, dass Pedretti ein bisher verschollen geglaubtes Leonardo-Meisterwerk identifiziert habe.

Es sei falsch zu behaupten, dass er das Bild eindeutig da Vinci zugeordnet habe, sagte Pedretti gegenüber der AP. Es sei allerdings sehr wahrscheinlich, dass das Gemälde aus der Zeit Leonardos stamme, einige Details seien jedoch später hinzugefügt worden. Eine abschliessende Prüfung durch eine internationale Expertenkommission sei nun nötig, um die Authentizität des Gemäldes zu prüfen – es könnten auch nur Teile von Leonardo angefertigt worden sein, sagte Pedretti.

Ein Bild mit vielen Schöpfern?

Gegen die Echtheit des Gemäldes spreche auch, dass es eine Zusammenstellung von Motiven aus verschiedensten da-Vinci-Werken sei, sagte Klaus Albrecht Schröder, Direktor des Wiener Kunstmuseums Albertina, am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

Mit den Zweifeln der Kunstexperten konfrontiert, sagte der italienische Staatsanwalt von Pesaro, Manfredi Palumbo, am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur sda: «Wir sind überzeugt, dass es sich um ein authentisches Kunstwerk aus der Epoche Leonardos handelt – es ist jedoch möglich, und dies müssen abschliessende Prüfungen noch zeigen, dass Leonardo nur einen Teil des Gemäldes selbst angefertigt hat und der Rest von seinen Schülern vollendet wurde.»

Erst Auslieferung kann Klarheit schaffen

Die Staatsanwaltschaft könne diese Prüfungen allerdings erst durchführen, wenn das Gemälde nach Italien ausgeliefert werde. «Da bei den gesamten Untersuchungen zwei verschiedene Rechtssysteme involviert sind, kann dies einige Monate dauern, bis das Gemälde zu uns gelangt», sagte Palumbo.

Der Vorwurf des illegalen Kunstexports sei unabhängig von der Echtheit des Gemäldes zu bewerten: Gemäss einer italienischen Gesetzgebung zu den Kulturgütern aus dem Jahre 2004 müssen Kunstwerke, die älter als 50 Jahre sind, beim Export speziell deklariert werden. Bei dem am Montag in Lugano beschlagnahmten Gemälde liege keine solche Deklarierung vor, so der Staatsanwalt.

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