Ecuador ist in Brasilien der erste Gegner der Schweiz. Für die heimstarken Südamerikaner ist es nach 2002 und 2006 die dritte WM-Teilnahme und wieder kommt der Trainer aus Kolumbien.
Ecuadors Trainer Reinaldo Rueda erlebte im vergangenen Juli eine der schwierigsten Phasen in seinem Leben. Innerhalb von 96 Stunden musste er um seinen Vater und um seinen Top-Stürmer Cristian «Chucho» Benitez trauern. Der Fussball-Profi starb kurz nach der Ankunft bei seinem neuen Arbeitgeber Al-Jaish in Katar im Alter von erst 27 Jahren. Benitez erlag einem Herzstillstand, nachdem Entzündungen im Bauchbereich ausser Kontrolle geraten waren.
Diese Schicksalsschläge ereigneten sich just vor Ecuadors wichtigsten Partien in der WM-Qualifikation. «La Tricolor», «die Dreifarbige», musste zum Abschluss der Ausscheidung noch heikle Aufgaben überstehen. Sie trotzte aber allen Widerständen und löste das Ticket mit Rang 4 in der Südamerika-Zone auf direktem Weg.
Ecuador kam auch zugute, dass es aus seinem Heimvorteil fast maximalen Profit ziehen konnte. Aus den acht Matches im auf rund 2800 Metern über Meer gelegenen Estadio Olimpico Atahualpa in der Hauptstadt Quito resultierten bei 15:3 Toren sieben Siege und ein Remis (gegen Argentinien). Die dünne Höhenluft stellte die Gegner regelmässig vor Probleme. Die Auswärts-Bilanz hingegen fiel für die Ecuadorianer mit nur drei Punkten ernüchternd aus. Den Unentschieden in Bolivien, Venezuela und Uruguay standen fünf Niederlagen gegenüber.
Ecuadors Team imponierte oft als verschworene Einheit. Die Equipe verfügt über einen ausgeprägten Kampfgeist. Der deutsche Bundestrainer Joachim Löw meinte im letzten Jahr rund um sein Testspiel gegen Ecuador: «Ich habe selten eine Mannschaft gesehen, die von ihrer körperlichen Robustheit und Athletik her so stark ist. Sie sind geradezu süchtig nach Zweikämpfen.» Die Handschrift des Trainers ist erkennbar. Taktik-Fuchs Reinaldo Rueda, genannt «El Profe», ist durch die deutsche Schule gegangen. Anfang der Neunzigerjahre hat er in Köln ein Sportstudium absolviert.
Dass Ecuador von einem Kolumbianer betreut wird, ist nichts Ungewöhnliches. Seit Mitte der Neunzigerjahre ist er bei der «Tricolor» bereits der vierte Selektionär aus diesem Land. Alle konnten Erfolge erzielen. Francisco Maturana war einst der «Türöffner». Es folgten Hernan Dario Gomez und Luis Fernando Suarez, die Ecuador die ersten zwei WM-Teilnahmen bescherten. 2006 in Deutschland erreichte man die Achtelfinals. Dort bedeutete England nach einem Freistoss-Tor von David Beckham Endstation. Der damalige Coach Suarez ist heute für Honduras tätig, das an der WM 2010 von Reinaldo Rueda trainiert wurde. Pikant: Die Auslosung hat es so gewollt, dass sich Ecuador und Honduras am 20. Juni an der WM in Brasilien begegnen.
Rueda war in Ecuador nicht immer unumstritten. Es hatte gedauert, bis sein Neuaufbau Wirkung zeigte. Beinahe wären ihm die schlechten Ergebnisse an der Copa America 2011, als Ecuador in der Vorrunde sieglos ausschied, zum Verhängnis geworden.
Ein Ex-Basler auf Reisen
In Ecuadors WM-Kader stehen lediglich fünf Spieler, die ihr Geld in Europa verdienen. Der Star ist zweifellos Antonio Valencia von Manchester United. Cristian Noboa spielt für Dynamo Moskau. Felipe Caicedo gilt seit seinem Abgang beim FC Basel im Jahr 2008 als Wandervogel. Aktuell kickt er in den Vereinigten Arabischen Emiraten für Al-Jazira.
Als Nachteil könnte sich für Ecuador erweisen, dass es dem Team an Erfahrungen auf internationalem Top-Niveau fehlt. Ein Mangel an Selbstvertrauen hingegen ist nicht auszumachen. Die Schweiz ist gewarnt.