Der linke Regierungskandidat Lenín Moreno hat die Stichwahl um das Präsidentenamt in Ecuador knapp gewonnen. Die Opposition wittert aber Wahlbetrug.
Moreno gewann die Wahl am Sonntag mit 51,15 Prozent der Stimmen zu 48,85 Prozent für den konservativen Bankbesitzer Guillermo Lasso, nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen.
Rund 12,8 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, den Nachfolger von Staatschef Rafael Correa zu bestimmen, der mit seinem «Sozialismus des 21. Jahrhunderts» zehn Jahre lang die Politik des südamerikanischen Landes geprägt hatte.
Der bisherige Vizepräsident Moreno liess sich noch am Sonntag von Anhängern in Quito feiern und kündigte an, sich weiter dafür einzusetzen, das Leben «besonders für die ärmsten Bürger» Ecuadors zu verändern.
Opposition vermutet Manipulation
Die Opposition hat das offizielle Ergebnis der Wahlkommission aber angefochten. Einige Unregelmässigkeiten würden auf eine Manipulation hinweisen, sagte César Monge, Vorsitzender von Lassos Partei CREO, in Guayaquil. Er wies seine Vertreter bei der Stimmenauszählung an, alle Ergebnisse anzufechten, um eine Revision der Ergebnisse zu ermöglichen.
Der Bankbesitzer Lasso rief seine Anhänger auf, friedlich auf den Strassen gegen das offizielle Wahlergebnis zu protestieren. In der Provinzhauptstadt Riobamba kam es vor dem lokalen Wahlzentrum zu Zusammenstössen zwischen Polizei und Demonstranten der Opposition, wie die Zeitung «El Comercio» berichtete.
Der scheidende Staatschef Correa sagte, Lasso versuche nunmehr mit Protesten das zu erreichen, was er nicht mit den Wählerstimmen erlangt habe.
Soziale Reformen gehen weiter
Moreno (64), der seit einem Raubüberfall an den Rollstuhl gefesselt ist, und unter Correa bis 2013 bereits Vizepräsident war, steht für eine Fortführung der sozialen Reformen Correas, will aber auch mehr ausländische Investitionen anlocken, um von der Abhängigkeit von Öleinnahmen wegzukommen.
Moreno wird im neugewählten Parlament über eine Mehrheit von 74 der insgesamt 137 Sitze verfügen, weit weniger als die Zwei-Drittel-Mehrheit, mit der Correa regierte. Er zeigte sich aber kompromissbereit. Correa hinterlässt nach zehnjähriger Regierung ein umgekrempeltes Land.
Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf stieg jährlich um 1,5 Prozent – verglichen mit nur 0,6 Prozent in den 25 Jahren davor. Die Armutsquote wurde um 38 Prozent reduziert.
Dank der staatlichen Öleinnahmen investierte Correa in den Bau von Strassen, Kraftwerken und Spitälern. Die Abhängigkeit vom Ölpreis ist aber eine Bürde und die Umweltprobleme im Amazonasgebiet durch die Förderung sind dramatisch. Viele Indígenas wurden davon vertrieben.
Mit den niedrigen Erdölpreisen der vergangenen Jahre wurden die Staatskassen geschwächt. Das Haushaltsdefizit und die Auslandsschuld stiegen stark.
Assange erleichtert
Auch für den Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, stand bei der Wahl einiges auf dem Spiel: Moreno will dem Australier weiter Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London gewähren. Lasso hatte dagegen angekündigt, die von Correa getroffene Entscheidung zu revidieren.