Der Verwaltungsrat des französischen Stromkonzerns EDF hat nach Unternehmensangaben vom Donnerstag dem umstrittenen Bau von zwei Atomreaktoren im britischen Hinkley Point zugestimmt. Die britische Regierung will ihre Entscheidung darüber im Herbst treffen.
EDF soll die zwei Reaktoren gemeinsam mit dem chinesischen Konzern CGN in Hinkley Point bauen. Das Projekt in der Nähe von Bristol im Südwesten Englands ist allerdings auch innerhalb des französischen Staatskonzerns höchst umstritten.
Zehn Mitglieder des Gremiums hätten für das Grossprojekt mit einem Volumen von 18 Milliarden Pfund (heute umgerechnet 23,2 Milliarden Franken) gestimmt, sieben dagegen, verlautete aus informierten Kreisen in Paris.
Vor der Sitzung des Verwaltungsrats trat ein Mitglied des Gremiums aus Protest zurück. Er wolle nicht eine Strategie unterstützen, hinter der er nicht stehe, schrieb Gérard Magnin in seinem Rücktrittschreiben. Bereits Anfang März war der EDF-Finanzchef Thomas Piquemal zurückgetreten, weil er das Vorhaben für ein zu grosses finanzielles Risiko hält.
May muss genehmigen
Auch die Gewerkschaften bei EDF befürchten, dass das Projekt, das 2025 fertig sein soll, den bereits hochverschuldeten Stromkonzern in grosse Schwierigkeiten bringt. Die endgültige Investitionsentscheidung über Hinkley Point wurde wegen der internen Differenzen immer wieder verschoben.
EDF gehört zu fast 85 Prozent dem französischen Staat. Die Regierung steht hinter dem Projekt, schliesslich ist die Atomindustrie in Frankreich mit 220’000 Beschäftigten ein wichtiger Arbeitgeber.
Der britische Energieminister Greg Clark sagte nach dem Votum des Verwaltungsrats, die Regierung in London werde im «frühen Herbst» endgültig über das Projekt entscheiden. Der Bau muss von der neuen britischen Premierministerin Theresa May genehmigt werden.
Die neuen Atomreaktoren wären die ersten seit mehr als zwei Jahrzehnten, die in Grossbritannien gebaut werden. Das Vorhaben stösst auch in der EU auf Kritik: Österreich sieht einen von der britischen Regierung garantierten Stromabnahmepreis für das Atomkraftwerk als unrechtmässige Subvention an und ist vor das Europäische Gericht (EuG) in Luxemburg gezogen.