Edith Piaf, siebenmal interpretiert

Am Samstag wird Patricia Kaas auf dem Marktplatz Lörrach Chansons von Edith Piaf intonieren. Ein ganz spezieller Anlass für das Stimmen-Festival – und ein Grund für uns, sieben ganz besondere Versionen von Chansons des «Spatz von Paris» aufzulisten. Es wird ein ganz spezieller Abend für das laufende Stimmen-Festival. Auch wenn sich das Team entschieden hat, […]

Edith Piaf, der «Spatz von Paris».

Am Samstag wird Patricia Kaas auf dem Marktplatz Lörrach Chansons von Edith Piaf intonieren. Ein ganz spezieller Anlass für das Stimmen-Festival – und ein Grund für uns, sieben ganz besondere Versionen von Chansons des «Spatz von Paris» aufzulisten.

Es wird ein ganz spezieller Abend für das laufende Stimmen-Festival. Auch wenn sich das Team entschieden hat, die 20. Ausgabe nicht mit Jubiläumsveranstaltungen zu füllen, schlägt man am Samstag, den 20. Juli, doch eine unverkennbare Brücke zu den Anfängen. Denn die allererste Stimme, die auf dem Lörrracher Marktplatz bei der Premiere 1994 erklang, war die von Patricia Kaas.

Nun kehrt die Lothringerin zurück: Im Gepäck ihr neues Album, eine grandiose Hommage an Édith Piaf – «die viel extremer war» als Kaas selbst (so die Künstlerin in einem Interview mit der «Nordwestschweiz»). Aus diesem Anlass erinnern wir an sieben ganz besondere Versionen von Chansons des «Spatz von Paris», der vor 50 Jahren verstarb.




1.  Edith Piaf: «Padam Padam» (1951)





Eine Melodie, die einen unaufhörlich begleitet, rastlos macht, an Lebens- und Liebesstationen erinnert – «Padam, Padam» ist ein Paradestück für die Piaf, die hier ihre Besessenheit für die Musik mit grosser Geste und gewaltiger Stimme auslebt.




2. Patricia Kaas: «L’Hymne À L’Amour» (2012)



Was die Lothringerin in Lörrach auf die Konzertbühne des Marktplatzes bringen wird, geht weit über eine Édith Piaf-Hommage hinaus. Mit Arrangements des Hollywood-erprobten Abel Korzeniowski erzählt Patricia Kaas die Lebensgeschichte der Piaf – ein Gesamtkunstwerk mit Symphonieorchester, Lichtshow und Multimedia-Installationen. In ihrem Clip zu «L’Hymne Á L’Amour» gibt es dazu einen Vorgeschmack – und er ist gleichzeitig auch eine schöne Retrospektive auf die Piaf in Bildern. 

3.  Pascal of Bollywood & Shreya Ghoshal: «La Vie En Rose» (2009)





Sicher, wir hätten hier auch die Version von Iggy Pops Album «Après» nehmen können, oder die der Disco-Queen Donna Summer. Doch auf der Suche nach Interpretationen des wohl meistgecoverten Piaf-Chansons, zugleich ihr erste Eigenkomposition aus dem Jahre 1945, gibt es noch Kurioseres zu entdecken. Etwa diese Adaption des Franzosen Pascal Heni, geboren im Todesjahr der Piaf. Der Mann ist allerdings so indophil, dass er sich nur noch Pascal of Bollywood nennen möchte. Fürs Duett hat er sich hier auch eine berühmte Stimme aus Indiens Filmindustrie geschnappt.




4. Milva & Georges Moustaki: «Milord» (1983)








Die raffinierte Komposition von Georges Moustaki mit ihren Tempo- und Dur-Moll-Wechseln wurde zusammen mit «Non, Je Ne Regrette Rien» zum internationalen Triumph der späten Piaf. «Milord» gehörte zu den erfolgreichsten Titeln des Jahres 1960 weltweit, wurde früh von Dalida und Milva gecovert, die es hier 23 Jahre später nochmals auf die Bühne bringt. Am Klavier begleitet sie der Liedschöpfer selbst. Die Rotmähnige kann es an Resolutheit mit der Piaf fast aufnehmen, und durch die Übersetzung ins Italienische gewinnt der Chanson über den ominösen englischen Gentleman, der sich mit einem Hafenmädchen tröstet, an zusätzlicher Würze. 




5. Zaz: «Dans Ma Rue» (2011)





Niemand ist in letzter Zeit so nachdrücklich mit dem Spatz von Paris verglichen worden wie Isabelle Geffroy alias Zaz. Tatsächlich kann man im Timbre der jungen Erfolgssängerin aus Tours rauchige Verwandtschaften feststellen. «Dans Ma Rue» von ihrem ersten Album ist eine der düstersten Schicksalgeschichten aus dem Repertoire der Piaf: Wir folgen der Protagonistin in Montmartre von der Kindheitsarmut über ihre Zeit auf dem Strich und die Obdachlosigkeit bis hin zur Erlösung durch einen Engel. 




6. Jeff Buckley: «Je N’en Connaît Pas La Fin» (1993)



Wenn wir in unserer Listomania zu Nina Simone schon geschrieben haben, dass dieser Mann alles interpretieren kann, war das keinesfalls übertrieben. Der 1997 ertrunkene Ausnahmesongwriter singt hier allein zur E-Gitarre im New Yorker Club Sin É eine ergreifende Version eines der ganz frühen Piaf-Chansons (1939) mit eigenem Text. Eine intim kreisende Ballade über den Wunsch nach einer Liebe ohne Ende.  




7. Cassia Eller: «Non, Je Ne Regrette Rien» (2001)







Piafs berühmtes Manifest für die Lebens- und Liebeskraft, für den stetigen, trotzigen Neubeginn – obwohl sie zur Zeit des Erscheinens schon vom Verfall gezeichnet war. Die grandios sich steigernde Hymne aus der Feder von Charles Dumont wurde zum Hit in «Keiner Liebt Mich» von Regisseurin Doris Dörrie genau wie im Biopic «La Vie En Rose» von Olivier Dahan, Duke Ellington spielte es genau wie Johnny Hallyday. Gewidmet hat Piaf es aber eigentlich der Fremdenlegion nach dem misslungenen Algerienputsch 1961. Auch der skandalträchtigen brasilianischen Rockröhre Cassia Eller ist der Chanson wie auf den Leib geschneidert – und auch sie hat ihn kurz vor ihrem Tod auf die Bühne gebracht.

Edith Piaf

Édith Giovanna Gassion wurde 1915 als Tochter eines Strassenkünstlers geboren. In den Vierteln Belleville und Pigalle sang sie in den Gassen, wurde dort bald vom Cabaret-Direktor Louis Leplée entdeckt, der sie unter Vertrag nahm und der zerbrechlichen Frau den Namen La Môme Piaf («kleiner Spatz») verpasste. Zwischen den Kriegen sang sie in den grossen Hallen von Paris und erlangte Star-Status. 1944 traf sie auf Yves Montand, dem sie zum Karrierestart verhalf, und kurze Zeit später schrieb sie eines ihrer berühmtesten Chansons, «La Vie En Rose».

Nach dem 2.Weltkrieg begann ihre US-Karriere mit Auftritten in New York, wo sie ihre lebenslange Freundin Marlene Dietrich kennenlernte, in den Fünfzigern arbeitete sie mit Charles Aznavour und dem Amerikaner Eddie Constantine. Auch wenn Piafs Gesundheit durch Drogen und Alkohol schon ruiniert war, erreichte ihre unglaubliche Stimme den Gipfel an Intensität mit «Milord» (1958) von Georges Moustaki und «Non, Je Ne Regrette Rien» (1960) von Charles Dumont. Édith Piaf verstarb am 14.Oktober 1963 und liegt auf dem berühmten Friedhof Père Lachaise begraben.

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