Trotz heftiger Kritik hält der Gemeinderat von Egerkingen SO an der Deutschpflicht für alle Schüler auf dem Areal der Primarschule fest. Das beschloss er am Mittwochabend. Der Rechtsdienst des Volksschulamts wird die Bestimmungen aber noch unter die Lupe nehmen.
Der Gemeinderat (Exekutive) habe die Ausführungsbestimmungen zur Schulordnung in zweiter Lesung zur Vorprüfung an den Rechtsdienst des Volksschulamts verabschiedet, teilte er am Mittwochabend nach einer Sitzung mit. An der umstrittenen Deutschpflicht auf dem Pausenplatz hält er fest.
Ob der Entscheid im Gemeinderat einstimmig fiel, wurde nicht bekannt. Der Gemeinderat werde die Angelegenheit nicht weiter kommentieren, bis der Vorprüfungsbericht des Rechtsdienstes vorliege, heisst es in der kurzen Medienmitteilung. Dieses Vorgehen sei gewählt worden, um die Diskussion um die Schule in Egerkingen zu beruhigen und diene dem Schutz der Kinder, Eltern, Lehrpersonen und der Schulleitung.
Kostenpflichtige Kurse
Der Gemeinderat von Egerkingen hatte im Januar die Ausführungsbestimmungen zur Schulordnung verschärft. «Während den gesamten Schulzeiten und auf dem ganzen Schulareal ist die Umgangssprache Deutsch», heisst es darin. Die Bestimmungen sollen ab dem neuen Schuljahr 2016/17 gelten.
Ein Verstoss hätte zunächst einen mündlichen Verweis zur Folge, danach würde ein schriftlicher Verweis an die Eltern mit Androhung eines kostenpflichtigen Deutschkurses folgen. Als letzte Sanktion will die Gemeinde einen Deutschkurs mit zehn Lektionen zu Kosten von 550 Franken verfügen. Bezahlen sollen die Eltern.
Der Gemeinderat begründete die Bestimmungen und Sanktionen damit, dass man die Eltern vermehrt in die Pflicht nehmen wolle. Man habe auch feststellen müssen, dass sich Schweizer Kinder ausgegrenzt fühlten, wenn sie nicht alles verstünden, was geredet werde, hatte Gemeindepräsidentin Johanna Bartholdi (FDP) gesagt. Bei der Durchsetzung der Regeln setzte man auf «Pragmatismus».
Aufsichtsbeschwerde gegen Gemeinderat
Gegen die Deutschpflicht für alle Schüler auf dem Schulareal liegt beim Solothurner Regierungsrat eine Aufsichtsbeschwerde. Die SP-Kantonalpräsident hält in ihrer Beschwerde fest, die Deutschpflicht widerspreche der in der Bundesverfassung garantierten Sprachenfreiheit.
Auch habe der Gemeinderat gemäss kantonalem Volksschulgesetz nicht die Kompetenz, solche Sanktionen mit rechtsetzendem Charakter zu erlassen.
Die Erweiterung der Disziplinarmassnahmen verletzte kantonales und kommunales Recht und sei daher nicht zulässig. Die Kostenpflicht für die Eltern widerspreche auch dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit des Unterrichts, wie er im kantonalen Volksschulgesetz verankert sei, heisst es in der Aufsichtsbeschwerde weiter.