Das Bezirksgericht Dietikon ZH wird erst im Mai das Urteil gegen den 51-jährigen ehemaligen Cevi-Leiter eröffnen, dem massive sexuelle Übergriffe auf Knaben vorgeworfen werden. Bei seinem Schlusswort brach der Beschuldigte am Dienstag in Tränen aus.
Die Vertreterin der Anklage forderte in ihrem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren. Der Verteidiger plädierte für Freisprüche in einzelnen Fällen und auf eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 36 Monaten. Absitzen solle der Beschuldigte davon 27 Monate – gerade so viele Monate Untersuchungshaft hat er hinter sich.
Einig sind sich Anklage und Verteidigung darin, dass für den beschuldigten Schweizer eine ambulante Therapie angezeigt ist, wie dies die psychiatrische Gutachterin empfohlen hatte. Auch der 51-Jährige selbst befürwortet dies.
Kaltblütiger Wiederholungstäter
Die Staatsanwältin wirft dem Beschuldigten Übergriffe auf mehrere Knaben vor, die teils jahrelang immer und immer wieder Opfer des Beschuldigten waren. Die Anklageschrift führt acht Knaben auf. Zwei ehemalige Opfer – darunter der Göttibub des Beschuldigten – meldeten sich nachträglich als Folge der Berichterstattung zum Prozess.
Ab 1994 delinquierte der Mann zwanzig Jahre lang bis zu seiner Festnahme Ende Januar 2015. Die Knaben wurden ab dem Alter von etwa acht Jahren zu Opfern. Für einzelne dauerten die Übergriffe bis sie 14 oder 15 Jahre alt waren.
Vorgeworfen werden dem gelernten Typografen sexuelle Nötigung, Schändung, sexuelle Handlungen mit Kindern, Pornografie, Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte und andere Delikte, alle mehrfach ausgeübt.
Zudem soll er seine Opfer mit Schlafmitteln sediert, ihnen Alkohol gegeben, mit ihnen gekifft und Pornofilme geschaut haben. Bei ihm wurden tausende einschlägiger Filme und Fotos gefunden.
Grundsätzlich geständig
Vor Gericht gab der Beschuldigte die Übergriffe «grundsätzlich» zu. Er bestritt allerdings, seine Opfer vor den Taten jeweils mit einem Betäubungs- oder Schlafmittel sediert zu haben.
Allerdings hatte er viele der Übergriffe auf die schlafenden Knaben gefilmt. Die Aufnahmen zeigen gemäss den Experten der Rechtsmedizin starke Indizien darauf, dass die Kinder betäubt wurden.
Mit seinen Taten habe der heute 51-Jährige «die Privatsphäre der Opfer aufs Schlimmste verletzt», sagte die Staatsanwältin. Die Betroffenen seien «zeitlebens traumatisiert». Der Beschuldigte habe mit direktem Vorsatz aus egoistischen Motiven gehandelt. Gemäss psychiatrischem Gutachten war er voll steuerungs- und schuldfähig. Die Rückfallgefahr stufte die Gutachterin als hoch ein.
«Weit abscheulichere Taten»
Der Verteidiger monierte Mängel in der Untersuchung und verlangte die Verfahrenseinstellung in Bezug auf diverse Delikte, die verjährt seien. In einem Fall forderte er einen Freispruch.
Der Verteidiger stufte das Verschulden des heute 51-Jährigen als «nicht mehr leicht» ein. Allerdings gebe es «weit abscheulichere Taten». Von den Genugtuungsforderungen seiner Opfer im Umfang von total 80’000 Franken anerkenne sein Mandant insgesamt 46’000 Franken.
«Wie eigene Kinder»
In seinem Schlusswort entschuldigte sich der Beschuldigte bei seinen Opfern und deren Familien. Er hatte gezielt problembeladene Familien ausgesucht und ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Er bedankte sich bei den beiden Anzeigeerstattern, ehemaligen Opfern, die den Fall ins Rollen gebracht hatten. Jetzt habe er die Möglichkeit, sich zu ändern.
Er sei «entsetzt gewesen», als er in der Haft gemerkt habe, dass er genau ins Pädophilen-Schema passe, sagte er unter Tränen. Das sei ihm zuvor nicht bewusst gewesen. Er habe den Knaben nicht schaden wollen – sie seien «wie eigene Kinder» für ihn gewesen.
Das Bezirksgericht Dietikon hat am Dienstag noch kein Urteil gefällt. Die Urteilseröffnung wurde auf den Nachmittag des 19. Mai festgelegt.