Die ZSC Lions sind traumhaft in die Derby-Finalserie gestartet und spielen abgebrüht wie ein künftiger Champion. Dennoch betonen die Flyers, dass sie nur ein paar Kleinigkeiten vom Comeback trennen.
In den Reihen der Verlierer blenden sie vor Spiel 3 heute Abend im Hallenstadion (Beginn 20.15 Uhr) alle Gedanken an ein baldiges «Grounding» aus. Den 0:2-Rückstand dramatisieren die Flyers öffentlich nicht. Sie orten die erneut minimale Differenz entsprechend in den Kleinigkeiten. Cyrill Bühler kennt beide Seiten im Detail. Der Flügel, an der Seite von Victor Stancescu für den rustikalen Teil zuständig, wechselte im letzten Sommer die Zürcher Fronten: «Zürich macht halt wenig Fehler. Und wenn wir nur ein Tor schiessen in zwei Spielen, wird es zwangsläufig schwierig.»
Das 1:2 sei von «Missverständnissen» begünstigt gewesen. Bühler meinte die Szene, als Reto Schäppi sich der Bande entlang freie Bahn verschaffte, und weder Bodenmann noch Schelling in der Lage waren, den ZSC-Stürmer zu stoppen. «Da müssen wir uns schon selber an die Nase greifen. Wer aus solchen Szenen mehr Kapital schlägt, der gewinnt die engen Spiele.»
Trotz des sechsten Derby-Fehltritts im achten Saisonvergleich wird sich Bühler nicht entmutigen lassen: «Im Hallenstadion gewinnt oder verliert niemand die Serie. Die Lage ist nicht prekärer als zuvor.» Sie müssten jetzt aber so rasch wie möglich einen Weg finden, mehr Verkehr vor Keeper Lukas Flüeler zu produzieren: «Wir müssen den Puck ins Tor würgen.» Im Playoff ist die Linienwahl direkter als üblich – auch verbal.
Die Lions kopieren vermutlich niemanden. Und doch erinnert ihre Raumaufteilung einige Experten an das erfolgreiche kanadische Schema der goldenen Olympia-Mission in Sotschi. In Pucknähe gewährten die Stadtzürcher dem Herausforderer nur im Ausnahmefall Überzahlsituationen. In ihrer Spielhälfte operierten sie gegen die Flyers sogar ohne den verletzten Ex-NHL-Verteidiger Marc-André Bergeron und den (letztmals) gesperrten Defensiv-Center Morris Trachsler erneut chirurgisch genau. Nahezu jeder hielt sich an den «Game-Plan» – auch die beiden Künstler Luca Cunti und Robert Nilsson tanzten kaum einmal aus der perfekt geordneten Reihe.
Und auch neben dem Eis verhielten sich die Lions bislang smart. Die durchschaubaren Video-Games von Chris McSorley entlockten den Oerliker Verantwortlichen im besten Fall ein müdes Lächeln, auf Marcel Jennis ziemlich plumpen Versuch, im Boulevard eine «Schwalben-Kampagne» gegen den ZSC-Captain Mathias Seger loszutreten, ging erst gar niemand ein. Die Flyers fahndeten in der Derby-Finalissima bis jetzt ergebnislos nach Angriffsflächen.
Selbst die Wellenbewegungen, welche dem ZSC in den Runden zuvor gegen Lausanne und Genève-Servette zu schaffen machten und für die er mit dem maximalen Pensum cash bezahlte, sind in den ersten 120 Final-Minuten nicht zu erkennen gewesen. Das erschwert die Situation Klotens. Fährt Crawfords Ensemble im gleichen Stil fort, ist aus der Optik des Aussenseiters ein spektakulärer Umsturz wie gegen den HCD (4:2-Sieg in der Serie nach einem 0:2) eher unwahrscheinlich.
Indizien für eine Trendwende liegen derzeit jedenfalls keine vor. Peter Zahner, seit bald sieben Jahren der CEO der Lions, spürt den Puls der Mannschaft gut und verliess die Kolping-Arena mit einem extrem guten Gefühl: «Sie ist bereit, unglaublich viel Drecksarbeit zu leisten. Jeder tut alles dafür, dass hier gar nichts mehr anbrennt.» Im zweiten Drittel hätten sie praktisch nichts zugelassen.