# – ein Ding, sie ewig zu binden

Das Hashtag ist das meistgenutzte Symbol der Welt. Woher kommt das hübsche Ding eigentlich? Eine kleine Kulturgeschichte.

Nein, keine Anzündhilfe, dafür verhalf ein Brand diesem Ding zu grosser Verbreitung.

(Bild: Getty Images)

Das Hashtag ist das meistgenutzte Symbol der Welt. Woher kommt das hübsche Ding eigentlich? Eine kleine Entstehungsgeschichte.

Es war 2007, in San Diego wütete ein fieser Buschbrand und Nate Ritter war überfordert. Im Viertelstundentakt postete der Entwickler Updates über die Brände auf Twitter, um seine Follower auf dem Laufenden zu halten. Parallel versuchte er, den Überblick über all die Tweets anderer Bewohner zu behalten, die ihrerseits berichteten. Frustriert über die schiere Masse an Nachrichten, die im Cyberspace herumflirrten, beschloss er, all seine Tweets mit «San Diego Fire:» zu beginnen, um wenigstens ein bisschen Ordnung in die Sache zu bekommen. 

Kurz darauf bekam er eine Nachricht:

«Wie wärs, wenn du und alle, die darüber twittern, zur Bündelung ein Doppelkreuz vor ‹San Diego Fire› setzt, damit man die ganze Berichterstattung mit einem Klick im Blick hat?»

Die Nachricht kam vom Netzaktivisten Chris Messina, der bereits einige Monate zuvor auf Twitter vorgeschlagen hatte, das Doppelkreuz (auf Englisch «hash» in der Kombination mit «tag» für «Markierung») zu benutzen. Damals ging es um einen bevorstehenden Event namens «Barcamp» und die involvierten Geeks hatten zwar mitgemacht, die Idee wurde danach aber nicht weitergezogen, geschweige denn viral verbreitet. 

 

Selbst dem damaligen Geek-King Twitter war der Gedanken eines Symbols, das Themengebiete gruppieren sollte, viel zu nischig: Sie wiesen Messina mit den Worten «sowas ist nur für Nerds, das wird nie funktionieren» ab.

Bis das Feuer kam.

Ritter hörte auf Messina und twitterte den ganzen Tag lang konsequent per #sandiegofire die aktuellsten Updates in die Welt hinaus. Am Ende des Tages hatten es ihm Dutzende gleichgetan, erst die Anwohner, dann die Journalisten und schliesslich der Rest der Welt. Das erste Hashtag war geboren. 

6500 Hashtags pro Minute

Seither sind neun Jahre vergangen und der hübsche Gartenhag ist das meistgenutzte Symbol der Internetwelt. Ob in Tweets über politische Geschehnisse (#JeSuisCharlie wurde während des Anschlags bis zu 6500 Mal pro Minute, im Ganzen über fünf Millionen Mal benutzt), mysteriöse Kleidungsstücke (#TheDress, 4,4 Millionen) oder Sportereignisse (#WorldCupFinal, über 32 Millionen) – Hashtags sind nicht mehr aus Twitter wegzudenken. Und schon gar nicht aus Instagram: Hier wird das Symbol enthusiastisch-masslos eingesetzt, je mehr, desto besser, egal wie sinnfrei der Inhalt der Nachricht. 

Dabei hatte das hierzulande auch als Rautezeichen bekannte Symbol bereits vor seinem Internetfame eine beachtliche Karriere hinter sich: Angefangen als missgünstige Ausgeburt der Sauklaue Sir Isaac Newtons (wobei diese Theorie bis heute umstritten ist – Tatsache bleibt, dass Newtons Notiz mit dem Ligaturzeichen lb für Pfund verdächtig nach Hashtag aussieht und das Symbol im Amerikanischen bis heute als «pound sign» bezeichnet wird), tauchte es um 1850 erstmals als Nummerierungszeichen in englischen Büchern zum Thema Buchhaltung auf. Wobei jeweils das # vor der Zahl als Nummerierung und das nach der Zahl als Gewichtsindikator galt, also: #5 = Nummer 5 / 5# = 5 Pfund. 

Sir Isaac Newton hantierte bereits im 17. Jahrhundert mit Hahstags, so it seems.

Sir Isaac Newton hantierte bereits im 17. Jahrhundert mit Hahstags, so it seems. (Bild: Keith Houston)

Danach folgten mehr oder minder zusammenhangslose Stationen, in denen das Symbol bis heute in Gebrauch ist: In der Informatik (Fragmentbezeichner), Technik («Für weitere Informationen drücken Sie bitte die Rautetaste»), Mathematik (Parallelogramm), im Schach (Matt), in der Medizin (Knochenbrüche), in der Heraldik (als Zeichen für die Farbe Schwarz) und auf schwedischen Landkarten («Achtung Holzlager»).

Seinen letzten grossen Auftritt hatte das Hashtag schliesslich im schwülstigen Hinterzimmer eines famosen amerikanischen Komikers:

Jimmy Fallon (#funny) und sein Gast Justin Timberlake (#stillhot) führen darin eine Konversation in Hashtags – und zeigen dabei meisterlich vor, wie beschränkt und fantastisch zugleich das Zeichen funktioniert: Einerseits bricht es jedes Thema auf ein viel zu einfaches bescheuertes Schlagwort (#purpleisthenewblack? #really?) herunter, andererseits öffnet es mit diesem Schlagwort eine Bandbreite an Assoziationen und kulturellen Codes, Wortspielen und Referenzen, die so on point sind, dass keine Erklärung der Welt es besser treffen würde.

Dass wir mit Hashtags nur noch Referenzen runterlabern, statt wirklich Stellung zu beziehen, ist natürlich kreativ, aber letztlich auch ziemlich geistlos. Und bevor jetzt wieder die altbekannte Zeitgeist-Larmoyanz eintritt, bleiben wir lieber bei diesem grossartigen Symbol, das unsere Leben reicher und die Sinnzusammenhänge darin zugänglicher gemacht hat. Danke lieber Gartenhag für die 150 Jahre Beistand in allen Lebensbereichen. If you can make it to Fallon, you can make it anywhere, heisst es. Bestimmt. Irgendwo.

#whocares #factsareforlosers #yourule.

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Wers gerne noch ausführlicher hat, dem sei Roman Mars‘ Podcastfolge über das Doppelkreuz in «99% Invisible» ans Herz gelegt – sie diente diesem Artikel als Grundlage:

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