Ein Film gegen den Willen der Mutter. Über die Mutter Gottes.

Der Regisseur von «LA VIERGE, LES COPTES ET MOI» im Interview. Wie es ihm gelang seine Mutter in seinem Film über die Mutter-Gottes-Erscheinung in Ägypten auftreten zu lassen. Bevor der Stern von Bethlehem wieder über uns steht, denken wir kurz über die Jungfrau Maria nach: Der junge Franco-Ägypter Namir hilft uns in «La Vierge, les […]

Namir Abdel Messeh auf der Suche nach der Erscheinung der Mutter Gottes

Der Regisseur von «LA VIERGE, LES COPTES ET MOI» im Interview. Wie es ihm gelang seine Mutter in seinem Film über die Mutter-Gottes-Erscheinung in Ägypten auftreten zu lassen.

Bevor der Stern von Bethlehem wieder über uns steht, denken wir kurz über die Jungfrau Maria nach: Der junge Franco-Ägypter Namir hilft uns in «La Vierge, les Coptes et Moi» auf humorvolle Art dabei, eine kleines Wunder zu entdecken. Zu sehen ist es in der Reihe «Le Bon Film» zur Zeit im Stadtkino Basel. Hansjörg Betschart traf den Regisseur in Belfort.

Am Filmfestival «Entrevues», Belfort, sass Namir Abdel Messeh in der Jury: Er ist in Frankreich kein Unbekannter mehr: Als Dokumentarfilmer kann er in seiner eigenen Geschichte Geschichten finden, die die Geschichte einer ganzen Generation repräsentieren: Die säkularisierte Jugend gläubiger Einwanderer machen in Frankreich einen starken Teil der jungen Intellektuellen aus: Mit nordafrikanischen Eltern, französischer Erziehung und globaler Weltsicht.

Namir Abdel Messeh, Sie beweisen Mut. In dem Land, in dem religiösen Kräfte Hegemonieansprüche stellen, ist Humor im Umgang mit Religion sicher nicht selbstverständlich.

Ich bin auf viele Tabus gestossen, weil ich eine delikate Fragestellung habe: Wie erscheint Maria. Die Kopten sind sehr traditionelle Christen. Sie werden auch die Verehrung Marias und die Mythen um ihre Erscheinungen nicht in anderen Filmen treffen. Aber sie treffen in Ägypten überall auf sehr viel Humor. Ich habe mir ganz einfach nicht zu viele Frage im vorneherein gestellt. Meine Herangehensweise war eben just die: mir nicht zu viele Fragen in den Weg stellen, die mich politisch zu korrekt sein lassen.

Sie erzählen diese Geschichte von Mutter und Sohn wie ihre eigene …

Es ist meine eigene.

Das heisst, ihre Mutter war tatsächlich gegen den Film? Und sie haben ihr tatsächlich all die Streiche gespielt?

Sicher. Sie hat sich sehr gegen das Projekt gestellt. Ich wollte das nicht verheimlichen. Aber ich habe ihr verheimlicht, dass ich sie dabei filme. Ich habe sie also als Gegnerin in den Film integriert, ohne dass sie wusste, wie wichtig ihre Rolle war.

Der Film ist also ihre Wirklichkeit?

Es ist ein Dokumenarfilm, der die Mittel des «Cinéma Verité» benutzt, wie es in Frankreich grosse Tradtion hatte. Das hat mir erlaubt, die Herstellung des Films zum Thema des Films zu machen. Ich zeige die Figurensuche, ich mache ein Casting, ich zeige die Dreharbeiten, ich lasse meine Mutter intervenieren, als wäre sie einem fiktionalen Film. Ich musste sie zu einer Schauspielerin machen, ohne dass sie wusste, dass sie eine war.

Wie hat sie reagiert, als sie den Film gesehen hat?


Sie war empört! Als Koptin. Sie war stolz, als Mutter. Sie hat sich köstlich amüsiert, als Zuschauerin. Sie war sehr zufrieden, mit ihrer Leistung als Schauspielerin. Zumal man ihr auf einem Festival gesagt hat, dass man ihr gerne den Preis der besten Schauspielerin gegeben hätte …

Der Film ist in Frankreich erfolgreich gelaufen. Wie hätte er ausgesehen, wenn sie ein muslimisches Wunder mit soviel Humor behandelt hätten?

Das ist schwer zu beantworten. Ich hätte den selben Film versucht zu machen. Über meine Familie. Über die Freiheit der religiösen Auffassungen. Solange ich über meine Gemeinde rede, habe ich mehr Freiheiten. Es gibt ja auch in meinem Film viele Muslime. Es vereint sie mit Christen ein ähnlicher Humor. Der reicht nicht immer aus, um die religiösen Differenzen zu überwinden.

Wie kam der Film in Ägypten an?

Man hat ihn sehr wohlwollend aufgenommen. Aber es gab viele Christen, die sich mit dem Humor nicht mehr anfreunden konnten, sobald er religiöse Dogmen darstellte.

Sehen Sie sich eher als Franzosen oder als Ägypter.

Meine Herkunft gibt mir den Vorteil, Tag für Tag mich anders fühlen zu können.

Im Film inszenieren sie eine Wunder. Haben Sie schon einmal eine Wunder erlebt?

Für mich ist es ein Wunder, dass dieser Film fertig geworden ist.

Der Film läuft im Stadtkino in der Reihe ‚Le Bon Film‘.

Nächster Artikel