Van Morrison ist berüchtigt für seine schlechte Laune – nicht nur in Interviews, sondern auch auf der Bühne. Seinen Fans ist das egal. Heute wird der Altmeister des Rhythm and Blues 70.
Von seinem grössten Hit hält Van Morrison nicht viel. «Für mich war das ein Wegwerfsong», sagt der Nordire über «Brown Eyed Girl», das Lied, das 1967 den Beginn seiner Solokarriere markierte. Die Plattenfirma habe eben dafür Werbung gemacht, «aber nicht, weil ich es mochte. Ich habe etwa 300 andere Songs, die besser sind.» Trotzdem ist es der oft gecoverte Ohrwurm, der neben «Moondance» wohl den meisten Leuten einfällt, wenn sie an Van Morrison denken.
In den vergangenen fünf Jahrzehnten hatte Van Morrison zahllose Gelegenheiten, seine 300 besseren Songs einzuspielen und live zu präsentieren. «Van the Man», wie seine Fans ihn nennen, ist immer noch einer der ganz Grossen und Gefeierten der Szene – und trotzdem kein Star. Auf der Bühne wirkt er wie ein Musik-Nerd, der beim Singen die Augen schliesst und sich hinter einer grossen Sonnenbrille versteckt.
Dreht dem Publikum Rücken zu
Wenn ihm die Stimmung nicht passt oder er sich anderweitig nicht gut fühlt, kürzt der Nordire Konzerte schon mal ab oder spielt mit dem Rücken zum Publikum. Journalisten fürchten sich vor ihm. Fragen zu seinem Privatleben (er ist in zweiter Ehe verheiratet) sind generell tabu. Und trotzdem verehren seine Fans ihn als lebende Legende.
Nirgends lieben sie ihn wie in Nordirland. George Ivan Morrison ist tief verwurzelt in seiner Heimat, dem Osten Belfasts, wo er heute an seinem runden Geburtstag in der Cyprus Avenue auftreten wird, einer Strasse die er im gleichnamigen Song auf seinem gefeierten Album «Astral Weeks» (1968) verewigt hat.
Seine keltischen Wurzeln kamen Morrison musikalisch während seiner Jahre in den USA so wenig abhanden wie der nordirische Akzent. Der Sohn eines Werftarbeiters lernte über die grosse Plattensammlung seines Vaters schon als Junge Blues, Gospel und Country-Musik kennen. Zu den frühen Vorbildern zählen die US-Musiker Jimmie Rodgers und Mahalia Jackson.
Zum Musiker geboren
Morrisons Bestimmung schien immer klar. Als Teenager tingelte er mit verschiedenen Gruppen von Gig zu Gig, sang, spielte Gitarre, Mundharmonika und bald auch Saxofon. Er war noch keine 20, als er Them gründete. Doch den grossen Durchbruch schaffte er solo.
Auf sein Debütalbum «Blowin‘ Your Mind!» 1967 folgte Platte auf Platte. Lang ist die Liste der Musikgrössen, mit denen er im Studio und auf der Bühne stand und steht – Ray Charles, Jim Morrison, Cliff Richard, John Lee Hooker und Tom Jones waren dabei.
Sein Talent, aus dem Zusammenspiel mit anderen etwas Einzigartiges zu schaffen, bewies Morrison auch auf seinem jüngsten Album «Duets», das im Frühjahr erschien und auf dem er unter anderem mit Michael Bublé, Mark Knopfler, Mick Hucknall und Joss Stone ältere Lieder aufarbeitet.