Ein seltenes Himmelsschauspiel fasziniert die Menschen

Westeuropa hat ein seltenes Himmelsschauspiel erlebt, das die Menschen faszinierte: Eine partielle Sonnenfinsternis liess den sonnigen Tag vorübergehend merklich dunkler und kühler werden. Am Vormittag begann der Mond, sich langsam vor die Sonne zu schieben.

Die Sonne als Sichel im Himmel über Sitten (Bild: sda)

Westeuropa hat ein seltenes Himmelsschauspiel erlebt, das die Menschen faszinierte: Eine partielle Sonnenfinsternis liess den sonnigen Tag vorübergehend merklich dunkler und kühler werden. Am Vormittag begann der Mond, sich langsam vor die Sonne zu schieben.

Ab etwa 9.30 Uhr am Freitag liess der Mond die Sonne zuerst als angebissenes Guetsli erscheinen, dann als dickes und später als mageres Gipfeli. Kurz nach 10.30 Uhr, zum Höhepunkt des Spektakels, war die Sonne noch eine Sichel. Kurz vor Mittag war der Mond an der Sonnenscheibe vorbeigezogen – die Sonne erschien wieder rund.

In Zürich habe der Mond die Sonne zu bis zu 69,3 Prozent verdeckt, sagte Daniel Karbacher, Astronom an der Urania Sternwarte in Zürich, auf Anfrage. Seit mehr als 50 Jahren habe die Schweiz keine derart eindrückliche Sonnenfinsternis mehr erlebt.

Bei der Verfinsterung am 15. Februar 1961 war die Sonne zu mehr als 90 Prozent vom Mond verdeckt worden. Noch stärker war die Abdeckung zwar mit rund 98 Prozent am 11. August 1999. «Wegen schlechtem Wetter fiel diese Sonnenfinsternis aber ins Wasser», sagte Karbacher.

Schauspiel vor der Haustür

Weil der Himmel in der Schweiz fast überall blau war, war das Spektakel ohne Einschränkung zu sehen. Kurz vor 10.30 Uhr wurde es in Bern – bei Schönwetter – merklich dunkler. MeteoSchweiz registrierte einen Temperaturrückgang von rund einem halben Grad.

Etwas Glück brauchten Genferinnen und Genfer: Über ihrer Stadt war der Himmel am Vormittag leicht bedeckt, wie Alexander Giordano, Meteorologe bei MeteoSchweiz, sagte. Noch etwas schwieriger waren laut Giordano Himmelsbeobachtungen im Tessin, im Misox und im Simplongebiet, wo Hochnebel die Sicht auf die Sonne verdeckte.

Manchen war das Naturspektakel eine Arbeitspause wert: Der Bundesrat unterbrach kurz seine wöchentliche Sitzung, um das Naturschauspiel vom Balkon des Bundesratszimmers aus zu beobachten. Ein Foto wie 1999, als die Landesregierung am selben Ort die totale Sonnenfinsternis beobachtete, ist dabei nicht entstanden.

Sonnenfinsternis im Büro

Der Bundesrat habe sich nicht inszenieren wollen, sagte Vizekanzler André Simonazzi auf Anfrage. Und auch Parlamentsmitglieder nutzten die Möglichkeit, nach den Schlussabstimmungen gemeinsam einen Blick auf das Himmelsphänomen zu werfen.

Gewarnt wurde vor Beobachtungen ohne Augenschutz. Wer weder Schutzvorrichtung noch Teleskop zur Verfügung hatte, konnte das Ereignis über Livestreams bei zahlreichen Onlinemedien mitverfolgen. Auch ohne offizielle Arbeitspause liess sich die Sonnenfinsternis deshalb vom Büro aus beobachten.

Schon vor Freitag waren die speziell für Sonnenbeobachtungen angefertigten Schutzbrillen vielerorts ausverkauft, unter anderem wegen der guten Wetterprognosen. Die Sternwarten hatten vorgesorgt: In ihren Observatorien führten sie Interessierten das Spektakel vor und gaben Erläuterungen dazu ab.

Auch auf den Berner Hausberg Gurten kamen die Menschen, um die Finsternis zu beobachten. Es seien rund 200 Personen mehr mit der Bergbahn aus der Stadt gekommen als an einem Freitagmorgen üblich, hiess es bei der Gurtenbahn. Unter ihnen seien auch Schulklassen und Interessierte mit Teleskopen und Fotoapparaten gewesen.

Nach Fehltritt im Spital

Pech hatte ein Mann im Kanton Zug: Weil er in den Himmel schaute, machte der 49-Jährige in Baar einen Fehltritt und stürzte von einer etwa einen halben Meter hohen Rampe. Mit Verdacht auf einen Beinbruch wurde er ins Spital gebracht, wie die Zuger Strafverfolgungsbehörden mitteilten.

In der Augenklinik des Luzerner Kantonsspitals meldeten sich bereits vereinzelt Patienten, die ohne Schutzbrille in die Sonne geschaut hatten und fürchteten, einen Schaden davongetragen zu haben, wie es auf Anfrage hiess. Erst nach Wochen lasse sich sagen, wie stark der Schaden effektiv sei. Erwiesen wirksame Therapien gebe es nicht.

Während das Naturereignis in vieler Munde war und auch im Internet eifrig kommentiert wurde, blieb die Tierwelt gelassen. Vierbeiner und Vögel hätten keine auffälligen Reaktionen gezeigt, hiess es im Zoo Zürich, im Zoo von Servion VD in der Nähe von Lausanne und in der Vogelwarte in Sempach LU.

Die nächste totale Sonnenfinsternis findet am 9. März 2016 über Südostasien und dem Pazifik statt. Die nächste Beobachtungschance für eine partielle Sonnenfinsternis in Mitteleuropa gibt es am 25. Oktober 2022, und die nächste totale Sonnenfinsternis über der Schweiz wird am 3. September 2081 stattfinden.

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