Eine Drecksau auf der Leinwand

Mit «Trainspotting» hat Irvine Welsh die Vorlage für einen Filmklassiker geliefert. Jetzt kommt die Verfilmung seines zutiefst amoralischen Romans «Filth» ins Kino. Wird er auch zur Steilvorlage? Oder zur Provokation? Satire darf alles. Doch ist «Filth» (in der deutschen Übersetzung «Drecksau») wirklich ein satirischer Roman? «Trainspotting» war es nicht. Und wenn man dessen Autor, Irvine […]

Die «Drecksau» (dargestellt von James McAvoy) provoziert.

Mit «Trainspotting» hat Irvine Welsh die Vorlage für einen Filmklassiker geliefert. Jetzt kommt die Verfilmung seines zutiefst amoralischen Romans «Filth» ins Kino. Wird er auch zur Steilvorlage? Oder zur Provokation?

Satire darf alles. Doch ist «Filth» (in der deutschen Übersetzung «Drecksau») wirklich ein satirischer Roman? «Trainspotting» war es nicht. Und wenn man dessen Autor, Irvine Welsh, auf bibliografischem Wege verfolgt, dann kann man in ihm einen authentischen Beobachter finden, der in gesellschaftlichen Randzonen die Konflikte gerne zu Ende denkt, zynisch und wutentbrannt.

Welsh schreckt nicht vor krassen Darstellungen zurück. Seine krude Verankerung in der schottischen Sprache und in einem meist randständigen Milieu machen seine Texte zwar humorvoll, aber eben nicht humoristisch: Dafür denkt Welsh seine Rollenspiele viel zu verzweifelt zu Ende. Er will sie uns nicht erträglich machen.

Humor hat er, aber tiefschwarz und nicht humoristisch

Der Film «Filth» sucht sich nun einen Eingang in das tabulose Reich des Irvine Welsh: Die Abgründe, die Welsh in seinen Texten sichtet, erreichen uns denn auch im Film mit voller Wucht, aber nicht wie im Buch: Die delirierende Sprachgewalt seiner Figur wird im Film kaum repräsentiert. Das, was im Buch als Metapher gemeint ist, wird im Film als Realität überhöht: Im Buch wächst Bruce im Darm ein riesiger Bandwurm heran. Im Film ist er ein Psychopath. Das ist ein kleiner, entscheidender Unterschied. Die Metapher ist ironisch. Die Tatsache zynisch.

Dadurch verkommt die Geschichte, die das Verzweifeln eines Einzelnen an der Gewaltsamkeit der Gesellschaft erzählt, zu einem Psychodrama. Das zwingt auch die Figur Bruce in eine ganz andere Haltung zu sich selbst. Sehr rasch verliert dieser Ich-Erzähler Bruce Robertson den Überblick. Das nimmt uns den Einblick in seine Verzweiflung.

Bruce gerät in eine zunehmend unübersichtliche Gemengelage. Seine persönlichen Erinnerungen nehmen neben halluzinierten Horrorbildern in seiner Wahrnehmung immer mehr überhand. Bald kann er zwischen seinen privaten Rollenspielen und seiner Existenz als Ermittler nicht mehr unterscheiden. Gespielt ist das von James McAvoy hervorragend. Er schreckt wirklich vor nichts zurück.

Der Film läuft zur Zeit in den Kult.Kinos.

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