Eine Gratis-Kunsttour durchs artige Kleinbasel

Ein Ausflug zu reizenden, diskussionswürdigen und selbstgestrickten Kunstwerken, für die man keinen Eintritt bezahlen muss. Die Art Basel (13. bis 16. Juni) ist zweifelsohne eine Weltmesse, sie ist auch eine Basler Messe und, um zumindest geografisch genau zu sein, eine Kleinbasler Messe. Wer die Kunstmesse besuchen möchte, muss 40 Franken Eintritt bezahlen (oder 20 Franken […]

Ein Iglu von Mario Merz in der Isteinerstrasse

Ein Ausflug zu reizenden, diskussionswürdigen und selbstgestrickten Kunstwerken, für die man keinen Eintritt bezahlen muss.

Die Art Basel (13. bis 16. Juni) ist zweifelsohne eine Weltmesse, sie ist auch eine Basler Messe und, um zumindest geografisch genau zu sein, eine Kleinbasler Messe. Wer die Kunstmesse besuchen möchte, muss 40 Franken Eintritt bezahlen (oder 20 Franken für einen Evening Pass, gültig ab 17.00 Uhr). Rund um die Art-Woche gibt es im Kleinbasel aber auch einige temporäre Kunstwerke zu sehen, ohne dass man dafür ein Ticket lösen muss. Also ab aufs Velo zu einer schönen Kunsttour, die das Portemonnaie nicht belastet.

Wir beginnen im Zentrum auf dem Messeplatz. Dort ist in den vergangenen Wochen eine kleine Siedlung mit oberflächlich grobschlächtig zusammengezimmerten Holzhütten entstanden. Sie trägt den Namen «Favela Café» und ist eine Installation des bekannten japanischen Objektkünstlers Tadashi Kawamata. Weil sie von einem Künstler konzipiert und entworfen wurde, handelt es sich folgerichtig um eine Kunst-Installation. Oder doch nicht? Denn das «Café» im Namen ist wörtlich zu verstehen: Die Hütten der Ärmsten dienen hier als Freiluft-Bar für die Schönen und Reichen, die an die Art Basel pilgern (mehr dazu: Eine Favela auf dem Messeplatz).

Kunstrahmen für Eventgastronomie

Der Künstler schuf hier also nicht ein autonomes Kunstwerk, sondern einen Rahmen für die Eventgastronomie. Aber vielleicht fühlt sich der eine oder andere Gast tatsächlich dazu angeregt, beim Bier oder Espresso über die Lebensbedingungen der tatsächlichen Favela-Bewohner in den brasilianischen Grossstädten nachzudenken. Die Preise sind zwar nicht favela-tauglich, aber allzu tief muss man auch nicht in die Tasche greifen. Ein Espresso kostet vier Franken, der Cappuccino schon 5.50 Franken.

Aber wir wollen ja kein Geld ausgeben, also sparen wir uns das Getränk und fahren weiter. Gleich um die Ecke darf Kunst wiederum ganz einfach Kunst sein. An der Isteinerstrasse, also zwischen der Rundhofhalle und Halle 1, steht eines der berühmten Iglus des 2003 verstorbenen Künstlers Mario Merz. Die archaisch wirkenden Plastiken sind längst zu Ikonen der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts avanciert.

Was gibt es bei der Fondation Beyeler?

Und weiter geht’s, in nordöstlicher Richtung nach Riehen (wir dehnen das Kleinbasel damit für einmal etwas aus). Der Weg zu den Langen Erlen führt vorbei an zwei permanenten Kunstinstallationen im öffentlichen Raum: dem knallroten Wiesenkreisel (2005) von Lucia Schnüringer und Harald König sowie Paul Suters «Tor mit grossem Bogen» (1982) im Unterholz neben dem Wiesendamm, der seinem Titel alle Ehre antut. Eigentliches Ziel des Abstechers ist aber die Fondation Beyeler, die ihre Sonderausstellungen immer wieder auch mit grossen Plastiken und Installationen im schönen Park bereichert.

Die vage Hoffnung ist, im Park eine Skulptur von Maurizio Cattelan zu sehen. Die «Schweiz am Sonntag» hatte aufgrund eines Gesuchs der Fondation Beyeler für den Bau einer temporären Transportpiste Ende März spekuliert, dass Cattelans tonnenschwere Marmorskulptur «L.O.V.E.», ein monumentaler Stinkefinger, im Park aufgestellt werden könnte. Aber nichts von dem. Ausser Elsworth Kellys «White Curves» aus der Sammlung ist im Aussenraum rund um das Museum keine Kunst zu sehen. (Dass auch hinter den Museumsmauern nicht allzu viel Cattelan zu sehen ist, bekommt man als Gratis-Kunsttourist nicht mit.)

Poetische Vogelscheuche beim Museum Tinguely

Also geht’s wieder zurück in die Stadt, an den Rhein in die Paul Sacher-Anlage beim Museum Tinguely. Dort trifft man auf die wunderbare Installation «Kakashi» (Vogelscheuche) des in New York lebenden litauischen Künstlers Zilvinas Kempinas, dem das Museum Tinguely aktuell eine Sonderausstellung gewidmet hat. Unzählige bunte Bänder überspannen einen weiten Kreis, der mit rot-gelb gestreiften Schneeleitpfählen abgesteckt ist. Wind und Sonne verwandeln diese Installation in eine wunderschön flirrend-transparente Scheibe, die über dem Rasen zu schweben scheint. «Kakashi» ist ganz sicher eine Reise wert.

Die Tour führt weiter, dem Rhein entlang zurück ins Kleinbasler Zentrum. Auf dem Weg begegnet man bestrickten Fähren und Fähri-Stegen – eine erneute Aktion der fleissigen Mitstreiter der Gruppe «basel farbARTig verstriggt», die es mit ihrem bestrickten Handlauf der Wettsteinbrücke im vergangenen Jahr zum Fasnachtssujet Nummer 1 geschafft haben. Auf der Fahrt fallen zudem die mehr oder weniger kunstvoll geschmückten Abfalleimer auf. Das Projekt nennt sich «KunstKübel» und hat zum Ziel, «sich mit Kunst gegen Littering zu engagieren», wie die Initianten von der Basler Agentur für Soziokultur «shochzwei» auf ihrer Webseite schreiben.

Art Parcours rund um das Kasernenareal

Ziel ist das Kasernenareal. Im dortigen Umfeld ist der diesjährige offzilielle Art Parcours der Kunstmesse angesiedelt. Auch dieser bietet Gratis-Kunst. Aber erst ab Mittwoch, 12. Juni. Bereits in Betrieb ist aber die Multimedia-Installation «Beyoncé by Fabian Chiquet» im Keck Kiosk bei der Tramstation. Das vom Kulturverein Carambolage seit einigen Jahren zur Kulturplattform umfunktionierte Kioskhäuschen wird für ein Jahr vom Haus für elektronische Künste Basel als Satellit im Stadtzentrum bespielt.

Mehr zur Art gibt es in unserem Kunstlauf-Blog: Ein Besuch lohnt sich.

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