Sechs Experten kümmern sich tagelang um die Heizung von Leser Marcus Tschudin, doch seine Wohnung bleibt kalt. Ein kafkaesker Schwank aus dem Alltag eines Mieters.
Der Wecker rasselt. Ich schlurfe ins Badezimmer. Gucke in den Spiegel. Man wird älter. Profunde frühmorgendliche Erkenntnis. Mich fröstelt. Ich greife an den Heizkörper. Kalt. Draussen ist die Temperatur laut Balkonthermometer auf minus 7 Grad gefallen. Mich beschleicht ein ungutes Gefühl.
Kontrollgang durch Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer. Befund: Alle Radiatoren tot. Ich wähle die Telefonnummer des Hauswarts. Da sei vermutlich Luft in den Heizkörpern, er komme in einer halben Stunde mit dem Ventilschlüssel, um selbige abzulassen. Es klingelt. Der Hauswart. Er setzt besagten Schlüssel an, zischend entweicht Luft.
Nach einigen Minuten erleichtertes Aufatmen, die Radiatoren erwärmen sich. Gerettet! Ich dusche, ziehe mich an, drücke den Knopf der Kaffeemaschine, setze mich den Frühnachrichten aus. Checke anschliessend die Heizkörper: eisig. Hauswart kratzt sich am Kopf. Er fordere jetzt den Sanitär an. Kurz darauf erfahre ich, dass der Sanitär erst morgen kommen kann.
Inzwischen hat sich die Wohnung erheblich abgekühlt. Ich schlottere. Ziehe Pullover an, werfe Scheite ins Cheminée, schalte energiefressendes Öfeli ein. Am nächsten Morgen hat sich die Wohnung auf vierzehn Grad abgekühlt, Tendenz sinkend. Nachmittags steht der Sanitär vor der Tür, er setzt den Ventilschlüssel an, das aber lässt die Radiatoren kalt. Der Sanitär verschwindet.
Stunden später kommt die Diagnose: Pumpe kaputt. Müsse ersetzt werden. Morgen um sieben Uhr komme Pumpenspezialist.
Drittes Erwachen im polaren Ambiente. Um zehn Uhr ruft der Hauswart an: Ob die Heizkörper warm seien? Nada. Sanitär klingelt, steckt den Schlüssel, lässt Luft abzischen. Null Effekt. Der Sanitär kratzt sich am Kopf. Wahrscheinlich müsse auch der Motor der Heizanlage ausgewechselt werden. Ein Sachverständiger sei aufgeboten.
Es wird Abend und Morgen. Zähneklappern. Der Hauswart kommt mit froher Botschaft: Die Pumpe sei ersetzt, der Motor ausgewechselt. Endlich warm? Denkste. Aha. Er halte mich auf dem Laufenden.
Um sechs Uhr abends das Erfolgserlebnis: Die Radiatoren sind heiss. Ich feiere die Rettung vor dem Erfrieren mit einem Glas Montepulciano. Um halb neun beschleicht mich erneut ein ungutes Gefühl. Ein Griff an die Heizkörper, dacht ich’s doch! Ich rufe den Hauswart an. Der tröstet mich, denn Morgen komme der Elektrofachmann, um die Schalter auszuwechseln.
Fünfter Tag. Die Radiatoren feiern einen Minusrekord. Ich mach einen Abstecher in den Keller. Vor der Heizanlage stehen Hauswart, Sanitär, Pumpenspezialist, Heizungsexperte, Motorensachverständiger und Elektrofachmann. Alle kratzen sich an den Köpfen. Wohnung Nordpol.
Am Abend hauswartliches Triumphgeheul: Das Problem sei gelöst! In der Tat sind alle Radiatoren heiss. Ich ziehe den Pullover aus, stelle das Öfeli ab. Am nächsten Morgen im Badezimmer fröstelt mich. Kein Wunder, die Heizkörper sind kalt.
Ich alarmiere den Hauswart. «Gopfridschtutz», murmelt der. Jetzt werde er dem Sanitär aber einheizen.