Benjamin Weger könnte dafür sorgen, dass Biathlon bald auch in der Schweiz die Massen fasziniert. Wegen dem 22-Jährigen überlegt sich das Schweizer Fernsehen bereits, mit Live-Übertragungen einzusteigen.
Aufsteiger, die plötzlich mit den Weltbesten mitmischen – das sind Geschichten, die bewegen. Und schafft es ein solcher Aufsteiger in einer Sportart, die wegen Schweizer Erfolglosigkeit hierzulande bis anhin ein Schattendasein gefristet hat, ist der Wissenshunger besonders gross. Benjamin Weger ist eine solche Vorzeigefigur. Der 22-jährge Obergommer ist Biathlet. Kürzlich schaffte er es zwei Mal auf das Weltcup-Podest. Das ist bis anhin keinem Schweizer geglückt.
Um Ausreisser nach oben handelte es sich nicht. Rang vier im Weltcup-Zwischenklassement spricht für Wegers Konstanz. Solche Resultate bleiben den Medienschaffenden nicht verborgen. Sie wünschen, in Kontakt zu treten. So organisierte Swiss Ski für den Donnerstag ein Treffen mit Benjamin Weger im Nationalen Leistungszentrum Realp. Am Vormittag hätte die Presse einem Training folgen können und am Nachmittag Interviews führen.
Hätte – denn das Treffen fand nicht statt. Der Grund: zuviel Schnee. Wegen Lawinengefahr blieb das hintere Urserental abgeschnitten. Und auch Weger konnte seinen Wohnort Geschinen ennet dem Furkatunnel aus demselben Grund nicht verlassen. «Schade», sagte er via Telefon. Immerhin hatte er nun Zeit, seine Geschichte immer und immer wieder zu erzählen: «Ich kann hier sowieso nicht allzu viel unternehmen.»
Eine eigene Loipe vor der Haustür
Ganz auf ein adäquates Training verzichten musste er auch nicht. Im Fitnesscenter lief er auf dem Laufband und strampelte auf dem Spinningvelo, im Kraftraum arbeitete er mit Gewichten. Und der Spurdienst von Loipen-Goms präparierte ihm praktisch vor der Haustür eine lawinensichere 1,5 Kilometer lange Skatingpiste.
Dazwischen gab Benjamin Weger via Telefon Auskunft. Bereitwillig und in einer bemerkenswerten Gelassenheit: «Diese Resultate sind schön und vor allem eine Riesenmotivation für weitere Taten.» Seine Person stellt er bescheiden in den Hintergrund. «Wenn ich etwas bewegen kann und dabei mithelfe, den Biathlonsport populärer zu machen, ist das eine grosse Genugtuung», sagt er und fügt an: «Das ist Beweis, das die Anstrengungen von meinem Eltern, den Trainern und Coaches wie auch von mir nicht für die Katz waren.»
Weger geniesst die breite Anerkennung, die ihm zuteil kommt. Dass er sich unvermittelt in der Weltspitze vorfindet, findet er «speziell». Vor allem «der Rummel» imponiert ihm. Aus der Ruhe bringen lässt er sich aber nicht. «Ich versuche, jedes Rennen für sich vorzubereiten und das Optimum abzuliefern, sprich im Schiesstand gute Arbeit zu leisten und ansonsten schnell zu laufen.» Die Ausgangslage im Weltcup blendet er aus: «Ich will mich nicht versteifen.»
Schule für Sportler und Künstler
Mit Zuversicht ist Benjamin Weger in diese Saison gestiegen. Nach Abschluss der Handelsmittelschule für Sportler und Künstler in Brigg setzt er nun auf den Sport. Das Training konnte er so umfang- wie auch qualitätsmässig steigern. Und das, so fügt er an, «ohne Verletzungen und Erkrankungen». Eingebettet ins Biathlon-Team konnte er sich entfalten. Mehr als eine Zwischenstation sieht er allerdings nicht erreicht: «Ein oder zwei Podestränge sind wenig wert, Podestplätze braucht es regelmässig.»
Er will nicht nur sich in der Öffentlichkeit positionieren, sondern auch die Sportart Biathlon, die in der Schweiz bislang ein Dasein als Mauerblümchen fristet. «Wenn du siehst, was etwa in Deutschland abgeht …», blickt Weger etwas neidisch über die Grenze.
Doch den ersten Erfolg im Kampf um die öffentliche Aufmerksamkeit haben Weger und das Biathlon schon errungen. So hat das Schweizer Fernsehen SF auf diese Saison hin bereits News-Rechte erstanden, um von den Highlights zu berichten. Letzten Sonntag war Weger als erster Biathlet Studiogast im Sportpanorama. Und jetzt beabsichtigen und prüft SF Live-Übertragung von den Weltmeisterschaften in Rupolding (D) Anfang März.
Nächster Höhepunkt: Auf Schalke
Aktueller ist die Einladung zum letzten Biathlon-Spektakel des Jahres: der World Team Challenge auf Schalke. Dank den beiden dritten Plätzen, einem fünften und einem siebten, erhielt Weger zusammen mit Selina Gasparin eine Einladung für den 29. Dezember. Laufen vor 50’000 Zuschauern im Stadion und vier bis fünf Millionen TV-live-Zuschauern – etwas Gigantisches. Weger/Gasparin sind die ersten Schweizer in diesem Einladungsfeld überhaupt.
«Wir wollen uns vorteilhaft präsentieren», blickt Weger voraus. Eine Sonderstellung misst er diesem Rennen aber nicht bei. Anfang Januar geht es im Weltcup weiter, und auch die WM hat er bereits im Blickfeld: «Dann laufen wir im Mekka des Biathlonsport, und auch das wir grossartig werden.»
Benjamin Weger ist nicht der erste Schweizer Biathlet, der es aufs Weltcup-Podest geschafft hat. Matthias Simmen und Thomas Frey weisen in ihren Palmarès ebenfalls je einen dritten Rang auf. Doch Weger hebt sich ab mit seinem Werdegang. Er durchlief von jung an die Biathlon-Schule.
Vorzeigebeispiel ist er daher für die ganze Biathlon-Bewegung wie auch für die zahlreichen Nachwuchsathleten. Weger war als Kind und Jugendlicher sehr vielseitig, fuhr vor allem Ski und Snowboard. Zum Biathlon und Langlauf fand er erst mit 14. Seine Altersklasse aber dominierte er sehr schnell. Und die gezielte Förderung hat sich bezahlt gemacht.