Der EU-Gipfel hat einen Durchbruch im Streit um den Aufbau der europäischen Bankenaufsicht gebracht. Bis Jahresende soll es eine Einigung auf einen politischen Rahmen geben, damit die neue Aufsicht im Jahr 2013 schrittweise ihre Arbeit aufnehmen kann.
Das teilte Kommissionssprecher Olivier Bailly über den Internet-Kurznachrichtendienst Twitter mit. Die neue Kontrollbehörde für die Banken der Eurozone ist eine Voraussetzung dafür, dass marode Finanzinstitute direkt Finanzspritzen aus dem Euro-Rettungsfonds erhalten können.
Offene Fragen
Allerdings sind sich Frankreich und Deutschland offenbar weiter uneins, wann eine direkte Unterstützung angeschlagener Banken aus dem europäischen Rettungsfonds ESM möglich sein soll.
Deutsche Regierungsvertreter wiesen französische Angaben zurück, wonach erste Institute bereits im ersten Quartal des kommenden Jahres direkt gestützt werden können. Dies sei „sehr unwahrscheinlich“, sagten sie in der Nacht zum Freitag am Rande des Gipfeltreffens in Brüssel.
„Es bleibt bei dem stufenweisen Ansatz: Einen Zugang zum ESM kann es erst geben, wenn die Bankenaufsicht ihre volle Effektivität erreicht hat.“ Dazu seien noch zu viele komplizierte Fragen zu lösen, hiess es.
Das betrifft etwa rechtliche Probleme wie die Stellung der Nicht-Euro-Länder oder die Überwachung von Banken mit Filialen in- und ausserhalb der Eurozone sowie die Regeln für direkte Hilfszahlungen an marode Finanzinstitute.
Ein offener Punkt ist auch, ob die direkte Bankenhilfe nachträglich auf Institute angewandt werden kann, die bereits aus einem Rettungsfonds gestützt werden. Darüber werde beim Gipfel im Dezember diskutiert, sagten französische Regierungsvertreter weiter. Deutschland sei nicht grundsätzlich dagegen, dass auch solche Institute eine direkte Kapitalhilfe bekommen könnten.
Kompromiss
Die EU-Kommission hatte im Auftrag der Staats- und Regierungschefs einen Vorschlag für die Bankenaufsicht ausgearbeitet, in dem es noch hiess, die neue Kontrollbehörde solle zum 1. Januar 2013 in Kraft treten.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte jedoch bereits vor dem Gipfel gesagt, dass die Arbeit an der neuen Aufsicht für die Banken der Eurozone zwar schnell, aber „natürlich auch sehr gründlich“ gemacht werden müsse. Rückendeckung erhielt sie von anderen Nordländern wie Finnland und Schweden.
Die Bankenaufsicht soll verhindern, dass durch laxe nationale Kontrolle mitverursachte Probleme von bestimmten Instituten den gesamten europäischen Finanzsektor ins Wanken bringen.
Frankreichs Staatschef François Hollande hingegen unterstützte den Vorschlag der EU-Kommission, nach dem die neue Aufsicht unter Beteiligung der Europäischen Zentralbank (EZB) ihre Arbeit schon zum 1. Januar 2013 aufnehmen soll. Darauf hofften auch Südländer wie Spanien.
Der Gipfel brachte nun einen Kompromiss, nachdem sich Merkel und Hollande kurz vor Beginn noch zu einem kurzfristig anberaumten Gespräch getroffen hatten.