Die Klöster Einsiedeln SZ und Fahr ZH müssen einen neuen Abt suchen. Die zwölfjährige Amtszeit von Martin Werlen läuft im November 2013 aus. Der heute 50-Jährige wurde bekannt als moderner Kommunikator und pointierter Kritiker der Kirche.
Werlen verbreitete seine Rücktrittsankündigung am Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter bloss mit den Worten „Good news ;-)“. Dazu verlinkte er eine Mitteilung des Klosters Einsiedeln. Der Abt wolle seine Funktion bis Ende Jahr ausüben und danach in die Reihe der Mitbrüder zurückkehren, heisst es in dem Schreiben.
Er werde dort in der Benediktinergemeinschaft mit Elan weiterwirken, wo der neue Abt ihm Aufgaben anvertraue, sagte Martin Werlen auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Welche Aufgaben das sein werden, sei für ihn nicht wichtig.
Ob er als Bruder Martin weiter twittere, habe er noch nicht entschieden. „Ich will aber weiterhin mit den Menschen im Dialog stehen“, sagte Werlen. Heute verfolgen über 7000 Personen seine Nachrichten auf Twitter.
Der gebürtige Walliser wurde am 10. November 2001 zum 58. Vorsteher des im Jahr 934 gegründeten Benediktinerklosters gewählt. Die Klostergemeinschaft hatte tags zuvor eine Amtszeitbeschränkung von 12 Jahren eingeführt.
Rücktritt im November 2013
Der Abt werde sein Rücktrittsgesuch per zweite Hälfte November 2013 beim Papst einreichen, sagte ein Sprecher des Klosters Einsiedeln.
Die Wahl des Nachfolgers durch die Klostergemeinschaft könne man erst an die Hand nehmen, nachdem der Papst den Rücktritt Werlens offiziell angenommen habe, sagte der Sprecher weiter. Die Wahl finde voraussichtlich Ende November statt. Ein Datum stehe noch nicht fest.
Als Nachfolger in Frage kommen jene der rund 60 Priester des Klosters, die mindestens 35 Jahre alt und nicht älter als 70 sind. Der neue Abt wird durch die Klostergemeinschaft in geheimer Wahl bestimmt. Der Papst muss den Gewählten bestätigen.
Amtsinhaber Martin Werlen erlangte rasch Bekanntheit, nachdem er sich mit modernen Kommunikationsmitteln wie Twitter an die Öffentlichkeit gewandt hatte. „Mir war es stets wichtig, dass die Kirche als lebendige Organisation wahrgenommen wird“, sagte er.
Werlen versuchte mit neuen Angeboten für die Kirche zu werben. So lancierte er eine Clinch-Wallfahrt für Menschen, deren Verhältnis zu Glaube und Kirche getrübt ist.
Abt mischt sich in Politik ein
Der Kirchenvertreter Werlen äusserte sich auch zum politischen Tagesgeschäft. So sprach er sich diesen Januar gegen die Lockerung der Nacht- und Sonntagsarbeit für Tankstellenshops aus und unterstützt das Referendum.
Als Abt ist Werlen direkt dem Papst unterstellt. Dennoch machte er sich einen Namen als prominenter Kritiker der Kirche. So rief er in seiner Denkschrift „Miteinander die Glut unter der Asche entdecken“ im November 2012 die Kirche dazu auf, sich den Problemen zu stellen. Sonst verliere sie weiter an Glaubwürdigkeit. „Ich wollte einen Prozess in Gang bringen“, sagte Werlen rückblickend.
Werlen hält neben dem Zölibat auch die Ehe als mögliche Lebensform für Priester für denkbar. Mit der Integration von Frauen tue sich die Kirche immer noch schwer. Sie zeige sich in der Geschlechterfrage „unbeholfen und ratlos“, kritisierte Werlen.
Anteilnahme aus der Bevölkerung erhielt Werlen vor rund einem Jahr. Er erlitt bei einem Sturz mit dem Kopf gegen die Wand beim Badmintonspiel in Einsiedeln eine Hirnblutung. Danach musste er während rund zwei Monaten wieder sprechen, lesen und schreiben lernen.