Der letzte erhaltene Halbsalon-Raddampfer der Schweiz, die «Neuchâtel», ist nach mehrjährigen Renovationsarbeiten in Neuenburg offiziell eingeweiht worden. Die Bevölkerung muss sich aber bis zum 24. Mai gedulden, um an Bord des Schiffes mit Baujahr 1912 zu steigen.
Nach drei Jahren Restaurationsarbeiten hat die «Neuchâtel» die Werft von Sugiez (FR) am Freitag verlassen, um in ihren Heimathafen zurückzukehren. Zurzeit ist der über hundertjährige Raddampfer in einer Testphase und im Rahmen der Ausbildung der Schiffsmannschaften unterwegs.
Betrieben von der Schifffahrtsgesellschaft Neuenburger- und Murtensee, wird der Raddampfer, der für Jahrzehnte das Wahrzeichen der drei Juraseen war, bald wieder nach Fahrplan fahren. Die Einweihungsfahrten am Freitagabend und am Wochenende sind für geladene Gäste reserviert.
Die meisten Ufergemeinden von Neuenburger-, Murten- und Bielersee hätten den Verein Trivapor bei der Finanzierung des Projektes grosszügig unterstützt, heisst es auf der Internetseite des gemeinnützigen Vereins, der das Schiff 2007 gekauft hatte. Sein Ziel war es, «einen historischen Fehler zu korrigieren», und den Raddampfer wieder flott zu kriegen.
Einzigartiger Schiffstyp für Seen und Flüsse
Die «Neuchâtel» ist der letzte erhaltene Halbsalon-Raddampfer der Schweiz und stellt ein einzigartiges historisches und kulturelles Erbe dar, freut sich die Stadt Neuenburg. Die Besonderheit dieses Schiffstyps ist die niedrige Bauart und ein versenkbares Teleskopkamin, um unter den Brücken des Broye- und Zihlkanals durchzukommen.
Ausserdem hat der Raddampfer ein leicht erhöhtes Deck von der Schiffsmitte bis zum Heck, um darunter in der Schale einen bequemen Salon erster Klasse einrichten zu können.
Ende Saison 1968 wurde das Schiff ausgemustert. Statt den defekten Dampfkessel zu ersetzen, verkaufte die Schifffahrtsgesellschaft den Raddampfer an ein Unternehmen, das ihn umbaute und bis 2006 im Hafen von Neuenburg unter dem Namen «Vieux vapeur» (Altes Dampfschiff) als schwimmendes Restaurant betrieb.
Die Sanierung und Wiederinstandstellung wurde durch jahrelanges Engagement des Vereins Trivapor sowie durch private Spenden, insbesondere auch derjenigen eines Berner Mäzens, möglich. Die gesamte Renovation dürfte gegen 14 Millionen Franken gekostet haben.
Altes und Neues verschmolzen
Eine Dampfmaschine, die dem von Escher Wyss 1912 in Zürich gebauten Original sehr nahe kam, entdeckte der Verein Trivapor in Rotterdam. Es handelte sich um eine 1926 bei Maffei gebaute Maschine. Die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees wurde mit deren Revision und mit dem Ausarbeiten eines Vorprojektes beauftragt.
Das Plangenehmigungsverfahren fand schliesslich 2010 beim Bundesamt für Verkehr Zustimmung. Ausserdem wurde die Sanierung und Wiederinstandstellung des Raddampfers auch von der Bundesregierung als Projekt von nationalem Interesse anerkannt.
Das Schiff wurde soweit möglich in seinem Ursprungszustand neu erstellt. Änderungen wurden vorgenommen, wo dies die heutige Gesetzgebung und der Komfort der Passagiere verlangte. So entstand auf dem Hinterdeck beispielsweise ein auf drei Seiten vom Dach bis zum Boden verglastes Panoramarestaurant, und der Abfluss der Toiletten wird nicht mehr in den See, sondern in einen Fäkalientank geleitet.