Der Widerstand gegen ein elektronisches Abstimmungssystem im Ständerat ist nicht gebrochen: Mit Stichentscheid des Ratspräsidenten Robert Cramer (Grüne/GE) hat es die Staatspolitische Kommission des Ständerats (SPK) abgelehnt, wie der Nationalrat künftig elektronisch abzustimmen.
Zur Debatte stand eine parlamentarische Initiative von Ständerat This Jenny (SVP/GL), wie die Parlamentsdienste am Dienstag mitteilten. Jenny und seine Mitstreiter sind der Ansicht, dass die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch darauf hätten, sich über das Abstimmungsverhalten ihrer Vertreterinnen und Vertreter auf einfache Art und Weise und vollständig informieren zu können.
Das traditionelle Abstimmungsprozedere, bei dem die Meinung mit erhobener Hand kundgetan wird, erfüllt diese Bedingungen nach Ansicht von Jenny nicht. Ein elektronisches Abstimmungssystem – wie es nach dem jüngsten Umbau des Ständeratssaal aus technischer Sicht möglich wäre – stelle die spezifische Kultur des Ständerats nicht in Frage.
„Chambre de réflexion“
Genau dies befürchten die Gegner der elektronischen Abstimmung. Eine solche würde die Ratsmitglieder vermehrt dem Druck von Parteien und Lobbies aussetzen. Die Rolle des Ständerats als „Chambre de réflexion“ sei in Gefahr.
Die Bereitschaft zu Konzessionen werde gemindert und der Handlungsspielraum der Ratsmitglieder eingeschränkt. Nicht zuletzt würde die Vertretung der Kantonsinteressen in den Hintergrund rücken.
Die heutige Art der Meinungsbildung und Entscheidfindung, bei der die Ratsmitglieder aufeinander eingingen und versuchten, kompromissfähige Lösungen zu suchen, wird nach Ansicht der knappen Kommissionsmehrheit durch Listen zum Abstimmungsverhalten der Ständeräte gefährdet. Das heutige System gewährleiste im Übrigen die in der Verfassung geforderte Öffentlichkeit der Ratsverhandlungen.
Wiederholte Abstimmungspannen
Entscheiden muss nun das Ratsplenum, voraussichtlich in der Sommersession. In der Vergangenheit lehnte es die kleine Kammer schon mehrmals ab, das Prozedere anzupassen – das letzte Mal im Jahr 2005. Damals argumentierten die Gegner auch mit den Kosten eines solchen Systems, das der Nationalrat bereits seit 1994 kennt.