Im Osten Afghanistans sind beim Absturz eines Militärflugzeugs elf Menschen getötet worden, darunter sechs US-Soldaten. Während das US-Militär von einem Unfall spricht, behaupten die radikal-islamischen Taliban, sie hätten die Maschine abgeschossen.
Die Transportmaschine vom Typ C-130 sei in der Nacht zum Freitag in Dschalalabad verunglückt, erklärte der US-Armeesprecher Brian Tribus. Bei den fünf zivilen Opfern handle es sich um Mitarbeiter der NATO-Ausbildungsmission «Resolute Support». Die NATO bestätigte die Opferzahl, äusserte sich aber zunächst nicht zu den Umständen des Absturzes.
Der Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid erklärte im Kurznachrichtendienst Twitter, die «Mudschaheddin» der Taliban hätten die US-Militärmaschine in Dschalalabad abgeschossen. Beim Abschuss seien 15 ausländische Soldaten sowie weiterer Streitkräfte getötet worden.
Am Flughafen von Dschalalabad, das an einer wichtigen Strasse zwischen der Hauptstadt Kabul und der Grenzregion zu Pakistan liegt, befindet sich ein wichtiger Luftwaffenstützpunkt. Ende 2012 hatte eine Gruppe von Selbstmordattentätern den Flughafen angegriffen und fünf Menschen getötet.
Die NATO hatte Ende 2014 ihren Kampfeinsatz in Afghanistan beendet. Für die Folgemission «Resolute Support» sind jedoch rund 13’000 NATO-Soldaten weiterhin am Hindukusch, um die einheimischen Streitkräfte auszubilden und zu beraten.
Nächtliche Kämpfe in Kundus
Am Montag hatten die Taliban die nordafghanische Provinzhauptstadt Kundus erobert und damit erstmals seit ihrer Entmachtung im Jahr 2001 wieder die Kontrolle über eine grössere afghanische Stadt übernommen. Am Dienstag startete die afghanische Armee eine Offensive zur Rückeroberung.
Sondereinheiten stiessen am Donnerstag bis ins Zentrum von Kundus vor und begannen nach Angaben der afghanischen Regierung mit der Vertreibung der Taliban. In der Nacht zum Freitag waren in der Stadt immer noch Gefechtslärm und Explosionen zu hören, wie Anwohner berichteten. Auf den Strassen lägen Leichen von Taliban-Kämpfern.
«Schreckensherrschaft»
Amnesty International warf den Taliban vor, bei ihrem Eroberungszug in Kundus schwerste Verbrechen begangen zu haben. Mit Morden an Zivilisten, Gruppenvergewaltigungen, Entführungen und dem Einsatz von Todesschwadronen hätten die Taliban in kürzester Zeit eine «Schreckensherrschaft» in der Stadt errichtet, hiess es in einer Erklärung der Menschenrechtsorganisation, die sich auf zahlreiche Berichte von Augenzeugen und Bürgerrechtlern beruft.
Nach Angaben von Amnesty setzen die Taliban kleine Jungen auf Erkundungstouren durch die Häuser ein, um ihre Opfer, vor allem Frauen, ausfindig zu machen. Familienangehörige von afghanischen Polizisten und Soldaten, darunter auch Kinder, würden gezielt ermordet, weibliche Verwandte vergewaltigt.
«Die grauenvollen Berichte, die wir erhalten haben, beschreiben eine Schreckensherrschaft während der brutalen Eroberung von Kundus», sagte der afghanische Amnesty-Vertreter Horia Mosadik. Er forderte die afghanischen Sicherheitsbehörden auf, viel mehr für den Schutz der Zivilisten zu tun.