Entfesslungskünstler Roger Federer: Der Schweizer wehrt in Wimbledon gegen Marin Cilic drei Matchbälle ab und steht zum elften Mal im Halbfinal.
Der siebenfache Champion setzte sich nach einem 0:2-Satzrückstand 6:7 (4:7), 4:6, 6:3, 7:6 (11:9), 6:3 gegen Marin Cilic (ATP 13) durch. Im vierten Satz wehrte er beim Stand von 4:5 (30:40), beim Stand von 5:6 (30:40) sowie im Tiebreak beim Stand von 6:7 insgesamt drei Matchbälle ab. Der Kroate hatte Federer im Halbfinal des US Open 2014 geschlagen und anschliessend sein bisher einziges Grand-Slam-Turnier gewonnen. Im Halbfinal trifft Federer am Freitag auf den Kanadier Milos Raonic (ATP 7).
Federer und Cilic lieferten sich den Kampf des bisherigen Turniers – und eine Partie in zwei Hälften. In den ersten beiden Sätzen gelang Federer von der Grundlinie sehr wenig, einzig sein guter Aufschlag hielt ihn über weite Strecken im Spiel. Der 27-jährige Kroate war der klar stärkere Spieler und ging folgerichtig mit 2:0 Sätzen in Führung. Im ersten schaffte er die Entscheidung mit einem Blitzstart im Tiebreak zu einer 5:0-Führung. Im zweiten unterlief Federer – typischerweise – ein Rückhandfehler beim Break zum 1:2. Er sollte seinen Service danach aber nie mehr abgeben.
Die erste grosse Wende kam Ende des dritten Satzes, als Federer beim Stand von 3:3 und 0:40 fünf Punkte in Serie gewann und damit wohl das Aus abwendete. Im nächsten Game gelang ihm dank eines Doppelfehlers von Cilic sein erstes Break, und wenig später verkürzte er auf 1:2 Sätze.
Ab dem dritten Satz agierte Federer offensiver, nahm die Bälle früher im Platz und konnte es so vermeiden, zu sehr unter Druck zu geraten. Cilic blieb jedoch dran. Da er jeweils zuerst aufschlug, konnte er vorlegen – und beide Male, als Federer gegen den Matchverlust servierte, geriet er in Bedrängnis. Bei 4:5 wehrte er einen ersten Matchball mit einem Aufschlagpunkt ab, bei 5:6 mit einem Ass.
Im Tiebreak des vierten Satzes führte Federer 6:4, verschlug aber eine Vorhand, die er üblicherweise blind verwertet. Wenig später musste er einen dritten Matchball abwehren und tat dies erneut mit dem Service. Den fünften Satzball nutzte er dann zum 11:9 dank eines Vorhand-Fehlers von Cilic.
Im fünften Satz bedeutete dann ein Break Federers zum 5:3 die Entscheidung. Nach gut dreiviertel Stunden schlug der Schweizer bei den letzten beiden Punkte die Asse Nummer 26 und 27 zum Sieg.
Damit qualifizierte er sich nicht nur zum elften Mal für einen Wimbledon-Halbfinal, der 34-jährige Basler bewies sich und seinen Gegnern auch, dass sein lädierter Rücken und das im Februar operierte Knie wieder voll belastbar sind.
Zudem ist er nun mit 307 gewonenen Matches bei Grand-Slam-Turnieren alleiniger Rekordhalter (Martina Navratilova hat 306) und schloss mit dem 84. Sieg in Wimbledon zu Jimmy Connors auf.
«Ich kämpfte, ich versuchte alles, ich glaubte daran», umschrieb ein erleichterter Federer seinen Arbeitstag. «Es braucht immer etwas Glück, um aus einer solchen Situation herauszukommen», gab er offen zu.
Jetzt gegen Raonic
Jetzt hat Federer einen Tag Zeit, seinen Sieg zu geniessen und den Halbfinal gegen Milos Raonic vorzubereiten. Vor zwei Jahren gewann er gegen den Kanadier ebenfalls im Halbfinal, Anfang Jahr verlor er aber in Brisbane im Final. 2014 wurde Raonic noch von Federers aktuellen Co-Trainer Ivan Ljubicic betreut. Federer erwartet einen harten Kampf und einen Gegner, der ähnlich spielt wie Cilic. «Raonic ist stabiler als vor zwei Jahren und will sicher den nächsten Schritt machen», so Federer.