Teil zwei des grossen TagesWoche-Reports über die Situation der Jugend an den Rändern Europas spielt in Varna, Bulgarien. Die Stadt ist vor allem für unbeschwerte Strandferien und billige Drinks bekannt. Abseits der Touristenwelt ist die Hoffnungslosigkeit mit Händen zu greifen. Ein erster Eindruck aus Varna – die Reportage folgt im Blatt vom 13. Juli.
Das Roma-Viertel Vladislavovo im bulgarischen Küstenort Varna sollte man besser nicht auf eigene Faust begehen. Selbst die Polizei fährt, wenn überhaupt, nur in Mannschaftsstärke hinein. Als der Deutsche Frank Abbas 2005 nach Vladislavovo kam, nahmen ihm die Roma erstmal Geld und Handy ab. Als er sagte, er komme, um zu helfen, gaben sie ihm ein paar Lewa für das Busbillet sowie die Simkarte zurück.
Heute lebt Abbas mitten im Viertel und betreibt ein kleines, mutiges Hilfswerk. Die TagesWoche-Reporter Renato Beck und Stefan Bohrer verbrachten mit ihm einen Tag im Ghetto. Am Abend stellte sich vor allem eine Frage: Wie kann es sein, dass die Europäische Union so etwas zulässt?
Es war eine aussergewöhnliche Recherche: Eine in sich geschlossene Gemeinschaft, die den meisten Fremden – und Journalisten im Besonderen – mit starkem Misstrauen begegnet, öffnete sich Stück für Stück. Zu hören waren Kindergeschichten vom Plastiksammeln und Jugendepisoden von Prostitution und Perspektivenlosigkeit, aber auch, dass wer doppelt so hart arbeitet wie gewöhnlich in Bulgarien, eine kleine Chance hat rauszukommen.
Zu hören war auch die Geschichte von Elia. Der 20-Jährige arbeitet für Abbas im Hilfswerk. Er trägt ein Fussballshirt mit dem Namen Cristiano Ronaldo drauf. C. Ronaldo hat er sich auch auf den Arm tätowieren lassen. Elia ist ein guter Fussballer, aber die bulgarischen Clubs nehmen keine Roma auf.
Elia ist auch ein begeisterter Fotograf, ein Dokumentarist des Lebens im Viertel. TagesWoche-Fotograf Stefan Bohrer hat ihm seine Kamera in die Hand gedrückt. Zurückgebracht hat er eine Bildserie mit seiner Sicht des Ghettos.
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