Schiffsprozession, Glockengeläut, Salutschüsse, neues Porträtfoto: Grossbritannien feiert die Queen als seine am längsten amtierende Monarchin. Am Mittwoch etwa um 18.30 Uhr hat Elizabeth II. die Marathon-Regentschaft ihrer Ururgrossmutter Victoria eingeholt.
Die 89-Jährige selbst will den neuen Meilenstein in ihrer über 63-jährigen Regentschaft nicht gross feiern. «No fuss» – nur kein Aufheben – soll sie laut einem Vertrauten angeordnet haben.
«Heute feiern wir um 17.30 Uhr (18.30 Uhr Schweizer Zeit) einen königlichen Rekord», hatte vor dem Buckingham Palast ein in mittelalterliche Gewänder gekleideter königlicher Ausrufer verkündet.
«Ihre Majestät die Queen wird die 23’226 Tage, 16 Stunden und 23 Minuten dauernde Regentschaft ihrer Ururgrossmutter Victoria überholt haben» fügte er hinzu. Er beendete seine Verkündung mit einem lauten «Hipp Hipp» – worauf die feiernde Menge vor dem Palast mit einem «Hurra», antwortete.
Ein ganz normaler Termin
Auf die Minute genau lässt sich nicht sagen, wann Elizabeth II. die dienstälteste britische Monarchin aller Zeiten wird. Denn es ist nicht überliefert, wann genau ihr Vater König George im Februar 1952 im Schlaf starb – und seine Tochter «Lilibet» über Nacht zur Königin machte.
Weil ihre Thronbesteigung mit schmerzlichen Erinnerungen verbunden ist, war der Queen selbst nicht nach Feiern zumute: Für Mittwoch stand ein ganz normaler Besuchstermin an, die Eröffnung einer Eisenbahnstrecke in Schottland.
Am Bahnhof von Edinburgh stieg die Queen gemeinsam mit Prinz Philip und Schottlands Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon unter Hochrufen in einen historischen Zug. Elizabeth II. und ihr Mann wirkten gut gelaunt, die Königin trug einen blau-türkisen Mantel ihres deutschen Schneiders Karl-Ludwig Rehse, einen passenden Hut und eine schwarze Handtasche.
Nach der Fahrt mit der Dampflok hielt sie eine ihrer äusserst seltenen persönlichen und kurzen Ansprachen. Für den Abend dann war ein Dinner mit ihrem Enkel, Prinz William, und seiner Frau Kate auf Schloss Balmoral geplant, ihrer Sommerresidenz in Schottland.
Cameron: «Ausserordentlicher Rekord»
Während die Queen wie immer unerschütterlich ihren Pflichten nachgeht, lassen die Briten ihr laut einer Umfrage «grösstes» Staatsoberhaupt hochleben.
«Während der vergangenen 63 Jahre war Ihre Majestät ein Fels der Stabilität in einer sich ständig ändernden Welt» erklärte Premierminister David Cameron. «Es ist nur richtig, dass wir heute ihren ausserordentlichen Rekord feiern, ebenso wie die Anmut und Würde, mit der sie unserem Land dient.»
Kurz nach Mittag legte das Parlament eine Gedenkpause ein, und die Glocken der Westminster Abbey läuteten. Von der Hochhausspitze von British Telekom leuchtete derweil die Botschaft: «Möge sie noch lange herrschen».
Neues Porträt
Der britische Künstler Quentin Devine erstellte im Auftrag der britischen Münzprägeanstalt mit 1952 Penny-Münzen ein Porträt der seit 1952 amtierenden Regentin. Auch der Buckingham Palast veröffentlichte zur Feier ein neues Porträt der Monarchin.
Die Aufnahme von Mary McCartney, einer Tochter von Paul McCartney zeigt die Queen in rosa-weiss geblümten Kleid, wie sie – natürlich – ihrer Pflicht nachkommt: Sie sitzt am Schreibtisch, vor sich einen der roten Kästen, in denen ihr fast täglich von der Regierung Dokumente überbracht werden. Zum ersten Mal erhielten Kamerateams zudem die Erlaubnis, sich auf dem Rasen des Buckingham Palasts aufzustellen.
Nur wenige Stimmen sorgten am Mittwoch für Misstöne: Unter #Stopthereign («Lasst uns die Regentschaft beenden») startete die anti-monarchistische Bewegung Republic auf Twitter eine neue Kampagne. Die Forderung, statt zu feiern, sollten die Briten lieber über eine «radikale demokratische Reform» nachdenken.