Fast ein ganzes Jahrzehnt war der Iran weitgehend vom Weltmarkt abgeschottet. Nun sind die Sanktionen gegen Teheran gefallen. Auch für Schweizer Firmen öffnet sich damit ein interessanter Markt.
Bereits im April vergangenen Jahres war eine Schweizer Handelsdelegation in den Iran gereist, um den Markt zu sondieren. Die Schweiz sei gut positioniert, um im Land Fuss zu fassen, hiess es damals von Seiten der Delegation. Ende Februar reist auch Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann nach Teheran.
Laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) geniesst die Schweiz im Iran einen guten Ruf und Schweizer Qualität wird sehr geschätzt. Nicht zuletzt auch durch ihre Schutzmachtfunktion für die USA, die die Schweiz seit 35 Jahren inne hat.
Viele Schweizer Unternehmen waren vor der Verhängung der Sanktionen bereits im Iran engagiert. Sie hofften nun an diese guten Beziehungen anknüpfen zu können, sagte Ivo Zimmermann, Sprecher des Industrieverbandes Swissmem, am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Zahlreiche Geschäftsfelder
Laut Zimmermann gibt es gerade im Iran im Infrastrukturbereich einen grossen Nachholbedarf, namentlich beim Schienen- und Strassenbau und im Bereich Werkzeug- und Textilmaschinen. Für die zuletzt arg gebeutelten Schweizer Maschinen- Elektro- und Metallunternehmen bietet dies eine willkommene Perspektive.
In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres brach der Auftragseingang im Zuge des Frankenschocks um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr ein. Zimmermann rechnet damit, dass nach dem Ende der Iran-Sanktionen zumindest ein Teil dieses Rückgangs kompensiert werden könnte.
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse verweist auf Anfrage zudem auf die gut 80 Millionen meist gut ausgebildeten Einwohner des Landes. Der grosse Konsumentenmarkt sei gerade für die Pharma- und Medizinalindustrie sehr interessant. Eine mögliche Nachfrage bestehe auch im Bereich der Energieeffizienz (Stichwort: Cleantech). Generell sollten Unternehmen profitieren können, welche sich durch hohe Qualität oder besonderes technologisches Knowhow auszeichnen, schreibt Economiesuisse.
Noch unklar sind derzeit die Perspektiven für die Schweizer Banken. Die grossen Schweizer Geldhäuser, die auch in den USA aktiv sind, mussten während des Embargos die US-Sanktionen mittragen, die um einiges schärfer waren als jene der Schweiz. Laut Seco-Sprecherin Antje Bärtschi ist es derzeit noch unklar, wann die Schweizer Banken im Iran wieder aktiv werden können.
Verdreifachung der Exporte möglich
Noch ist der Iran für die Schweiz ein kleiner Exportmarkt – mit Ausfuhren im Wert von gut 600 Millionen Franken – vor allem Medikamentenexporte – im Jahr 2014. Zum Vergleich: Die Exporte nach Deutschland beliefen sich im gleichen Zeitraum auf rund 95 Milliarden Franken, in die USA waren es knapp 26 Milliarden und nach China knapp 9 Milliarden Franken.
Das konkrete Potential für die Schweizer Wirtschaft sei schwierig zu beziffern, heisst es bei Economiesuisse. Dieses hänge insbesondere von den Investitionsprioritäten des Iran ab. Einen Einfluss haben in diesem Zusammenhang demnach der tiefe Ölpreis und die Tatsache, dass Vermögenswerte des Iran zurzeit in China eingefroren sind.
Bei der Aussenwirtschaftsförderungsorganisation Switzerland Global Enterprise hiess es nach dem Atomabkommen im vergangenen Jahr, eine Verdreifachung der Schweizer Exporte in den Iran liege durchaus im Bereich des Möglichen.
Nach der Aufhebung des Embargos dürfte die iranische Wirtschaft, das Volkseinkommen und der Mittelstand rasch wachsen. Als Folge davon werde das Interesse an Schweizer Qualitätsprodukten sowie die Bereitschaft dafür mehr zu bezahlen, steigen, schätzte Switzerland Global Enterprise damals.
Grosse Konkurrenz
Die Wirtschaft im Iran ist stark staatlich geprägt und litt in den vergangenen Jahren massiv unter den internationalen Sanktionen und strukturellen Problemen. Entsprechend gross ist der Nachholbedarf. Zugleich sei Iran aber kein «leerer Markt», warnt Economiesuisse vor zu grosser Euphorie.
Das Land verfüge aufgrund der langen Jahre unter dem internationalen Embargo über eine funktionierende Binnenwirtschaft mit einer starken eigenen Produktion mit lokalen Marken. Ausländische Unternehmen werden sich demnach auf Konkurrenz vor Ort einstellen müssen. Überdies sind asiatische Unternehmen bereits präsent und auch amerikanische und europäische Konkurrenten stehen in den Startlöchern.