Energiestrategie 2050 gefällt im Detail nicht

Für die Umsetzung der Energiestrategie 2050 erntet der Bundesrat generell wenig Applaus – für die Details erntet er viele Buhrufe. Vertreter der Wirtschaft befürchten negative Auswirkungen für Unternehmen. Umweltschützern und linken Parteien gehen die Massennahmen zu wenig weit.

Die Produktion von Strom aus erneuerbarer Energie soll bis 2035 auf 14,5 Milliarden kWh erhöht werden. (Bild: sda)

Für die Umsetzung der Energiestrategie 2050 erntet der Bundesrat generell wenig Applaus – für die Details erntet er viele Buhrufe. Vertreter der Wirtschaft befürchten negative Auswirkungen für Unternehmen. Umweltschützern und linken Parteien gehen die Massennahmen zu wenig weit.

Greenpeace, SP, Grüne, die Schweizerische Energie-Stiftung (SES), die Allianz „Nein zu neuen AKW“ und andere fordern konkrete Abschaltdaten für die bestehenden Atomkraftwerke. Befristete Laufzeiten würden klare Verhältnisse und Planungssicherheit für Investoren in Anlagen für erneuerbare Energien schaffen. „Der Atomausstieg muss terminiert und gesetzlich verbindlich festgehalten werden.“

Für den WWF kommen die Meilensteine der Landesregierung zu spät. „Der Bundesrat zaudert. Für eine richtige Energiewende muss er sein Tempo verdoppeln“, sagte WWF-Geschäftsführer Thomas Vellacott. Deutlich werde das Zaudern beim Solarstrom. Die Landesregierung unterschätze die Zubau-Potenziale.

Frage der Versorgungssicherheit

Vom Gegenteil sind die Unternehmen der Science Industries überzeugt: Der Bundesrat überschätze das zusätzliche Potenzial für Strom aus erneuerbaren Energien und das Sparpotenzial, teilten sie mit. Sie befürchten mittelfristig Versorgungsunsicherheiten und wegen höherer Strompreise einen Wettbewerbsnachteil gegenüber dem Ausland.

Zusätzlich lasse der Bundesrat die Frage unbeantwortet, wie nach dem Wegfall der kompletten Stromproduktion aus Atomenergie eine ausreichende Energieversorgung gewährleistet werden solle, teilte der Wirtschaftsdachverband economiesuisse mit.

Für den Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) seien die Ziele des Bundesrats ambitiös, aber „realistisch, wenn alle mitmachen“, erklärte Mediensprecherin Dorothea Tiefenauer. Entscheidend dafür seien beschleunigte Bewilligungsverfahren für neue Anlagen. Den Plänen, Stromversorgern Sparvorgaben zu machen, begegnet der VSE skeptisch, denn der Nutzen sei fraglich. Effizienzsteigerungen sollten den Unternehmen überlassen werden.

„Blankoscheck“

Kritik wird auch seitens der Landschaftsschützer laut. Indem der Bund die Interessen der erneuerbaren Energien gleich oder höher gewichte als die Interessen der Natur und des Landschaftsschutzes, nehme der Bund eine vorgezogene Interessenabwägung vor. „Das ist ein Blankoscheck“, sagte der Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz, Raimund Rodewald.

Unter den Parteien kommt vor allem von rechts der Mitte Kritik. Die SVP kritisiert, die Pläne des Bundesrats seien illusorisch und basierten auf unrealistischen Zahlen. Mit den geplanten Massnahmen könne nur rund die Hälfte der Energieziele erreicht werden. Die SVP lehnt die gesamte Energiestrategie 2050 ab und fordert, dass sich der Bundesrat an „klaren und realisierbaren Konzepten“ orientiere.

Auch die FDP ist überzeugt, dass der Bundesrat seine gesteckten Ziele „nie erreichen wird“. Der Vorschlag der Regierung tauge nicht zum Umbau der Energieversorgung der Schweiz. Die FDP fordert liberale Rezepte, eine eigenständige Stromversorgung und eine sichere Stromnetz-Infrastruktur.

Auch für die Grünliberalen sind die konkreten Massnahmen einer begrüssenswerten Strategie „noch zu stark auf staatliche Förderung und zu wenig auf Lenkung ausgerichtet“. Sie fordern eine rasche und umfassende ökologische Steuerreform.

Kein fixes Datum

Die Vertagung der Steuerreform stösst rechts wie links auf Opposition. Das Projekt müsse ohne Verzug realisiert werden, fordern die Grünen. Die geplanten Massnahmen reichten nicht, um aus der Atomenergie auszusteigen. Wegen der zu langsamen Energiewende laufe die Schweiz Gefahr, Gaskraftwerke bauen zu müssen oder „dreckigen“ Strom zu importieren.

Nächster Artikel