Luzern hat am Freitag Abschied genommen von dem vor drei Wochen im Alter von 106 Jahren verstorbenen Hans Erni. Erni wurde an der Feier als politischer Künstler und Humanist gewürdigt, der die Massen bewegte.
Auf Wunsch des Künstlers fand die öffentliche Gedenkfeier im Verkehrshaus statt, auf dessen Gelände sich auch das Hans-Erni-Museum befindet. An der Feier nahmen neben seiner Frau Doris etwa der Luzerner Kabarettist Emil Steinberger, die Luzerner Kunstsammlerin Angela Rosengart, der Luzerner Theaterdirektor Dominique Mentha sowie Vertreter politischer Behörden teil.
Ernis Schaffen erstreckte sich über mehr als 80 Jahre. Zunächst schloss Erni sich in Paris der Avantgarde an. Bekannt wurde er in der Schweiz 1939 mit dem für die Landesausstellung geschaffenen Monumentalbild «Die Schweiz, das Ferienland der Völker». Ernis Werk war in der Öffentlichkeit dank seinen Wandbildern, Briefmarken, Büchern und politischen Plakaten präsent.
Vitaler Mensch
Stefan Roth, Stadtpräsident von Luzern, bezeichnete Erni an der Feier als Giganten, dies wegen seiner Vielseitigkeit als Künstler und Mensch, aber auch wegen seiner Vitalität. Erni sei 106 Jahre alt geworden, aber nie ein Greis gewesen.
Erni habe Kunst nicht als Selbstinszenierung, sondern als gesellschaftliche Verpflichtung verstanden, sagte dessen langjähriger Freund und Präsident der Hans Erni-Stiftung, Karl Bühlmann.
Der Luzerner Regierungspräsident Reto Wyss hob Ernis enge Verbundenheit mit Luzern hervor, obwohl ihm seine Heimat es ihm nicht immer leicht gemacht habe. Wyss spielte damit auf die Ächtung Ernis durch die offizielle Schweiz an, dies wegen seiner zeitweiligen marxistischen Überzeugung.
Erni habe sich vom Staatskünstler der Landi 1939 zum späteren Staatsfeind entwickelt, sagte alt Bundesrat Moritz Leuenberger in seiner Rede. Die damaligen Inquisitoren hätten nicht zwischen dem Glauben an eine bessere Welt und dem real existierenden Sozialismus unterscheiden können.
Kein Agitator
Erni sei ein politischer Künstler gewesen, er habe aber keine blosse Agitation gemacht, sagte Leuenberger. Erni habe sich als Bürger mit seiner Kunst eingemischt. Er sei als Citoyen sein ganzes Leben zur Schweiz gestanden.
Ab den späten 60er-Jahren erlebte Erni eine beispiellose Popularität. Seine Werke wurden teils in grossen Auflagen verbreitet, der Künstler erwies sich auch als geschickter Verkäufer.
No-Go für den Kunstbetrieb
Peter Fischer, Direktor des Zentrums Paul Klee in Bern, sagte, für viele Leute, die sich sonst nicht sonderlich mit Kunst beschäftigten, sei Erni der Inbegriff des Künstlers gewesen. Was den Beifall der Massen gefunden habe, sei für die Kunstschweiz aber ein No-Go gewesen.
Fischer, der 2009 zum 100. Geburtstag Ernis in Luzern eine grosse Erni-Ausstellung realisiert hatte, fragte sich, ob die Kunst eines von den Massen bewunderten Künstlers als schlecht bezeichnet werden könne. Eine Würdigung Ernis müsse wohl über eine rein kunsthistorische Betrachtung hinausgehen, sagte er.
Erni habe sich gegen die Abstraktion und für die Verständlichkeit entschieden, weil er habe bewegen wollen, sagte Fischer. Sein Werk zeige, wie sich Kunst in das Leben einmischen könne. Er habe so Grosses geleistet und verdiene den Dank.
Die Familie von Hans Erni hatte bereits vor der öffentlichen Gedenkfeier im engen Kreis vom Künstler Abschied genommen. Nach Angaben eines Vertrauten Ernis fand keine Beerdigung oder Urnenbeisetzung auf einem öffentlichen Friedhof statt.