Diesen Scherz goutierte der regierungsnahe Eigentümer nicht: Ein Unbekannter hat in ein Interview mit Regierungschef Viktor Orban Sätze geschmuggelt, die er so nicht gesagt hatte. Das regierungsnahe ungarische Medien-Unternehmen Mediaworks reagierte mit Entlassungen.
Der verantwortlichen Redaktorin des «Fejer Megyei Hirlap» (Nachrichtenblatt des Bezirks Fejer) aus Szekesfehervar bei Budapest wurde ebenso gekündigt wie vier weiteren leitenden Mitarbeitern dieser und einer zweiten Zeitung. Das berichtete das in Westungarn ansässige Internet-Portal «veszpremkukac.hu» in der Nacht zum Mittwoch.
Bissiger Anonymus
In der Weihnachtsausgabe des «Fejer Megyei Hirlap» war das für alle zwölf Mediaworks-Blätter zentral redigierte Orban-Interview mit satirischen Verfälschungen erschienen, die ein Unbekannter eingefügt hatte. Unter anderen wurde Orbans Aussage, wonach Ungarn deshalb ein stabiles Land sei, weil die Regierung das Volk regelmässig nach seiner Meinung befrage, um den frei erfundenen Zusatz ergänzt: «Obwohl sie uns gar nicht interessiert hat.»
An einer anderen Stelle wird Orban, der dem Christentum eine staatstragende Funktion in seinem Land zuschreibt, fälschlicherweise in den Mund gelegt: «Ich wünsche mir, dass immer mehr Menschen zu einer heidnischen Auffassung von Weihnachten zurückkehren.»
Eine weitere Verfälschung bezog sich auf den jüngsten Fund einer Leiche in der Toilette eines Budapester Spitals, die dort bereits mehrere Tage gelegen hatte – für viele in Ungarn ein Symptom für den maroden Zustand des Gesundheitswesens. Zu Orbans Ankündigung: «Auch die Löhne der Krankenschwestern werden wir 2017 und 2018 laufend anheben» erfand der Anonymus den Zusatz: «Und auch die Zahl der Spital-Leichen wird steigen.»
Ein Hacker?
Der «Bearbeiter» des Interviews konnte bislang nicht ausfindig gemacht werden. Fest zu stehen scheint lediglich, dass jemand von einem Computer der im westungarischen Veszprem erscheinenden Regionalzeitung «Naplo» (Tagebuch) aus in das Redaktionssystem des «Fejer Megyei Hirlap» eingegriffen hat. Deshalb wurden beim «Naplo» die Chefredaktorin und der IT-Chef gefeuert.
Das Medien-Unternehmen Mediaworks hatte auch die Tageszeitung «Nepszabadsag» besessen, einst das wichtigste Oppositionsblatt des Landes. Der damalige österreichische Eigentümer hatte die «Nepszabadsag» jedoch Anfang Oktober geschlossen, eher er die Mediaworks-Holding zwei Wochen später an ein Firmengeflecht verkaufte, das der Orban nahe stehende Oligarch Lörincz Meszaros kontrolliert.