Asbestopfer sollen auch bereits verjährte Ansprüche gelten machen können. Die Rechtskommission des Ständerats will ihnen ein Jahr Zeit geben, einen Schaden auch nach Ablauf der heute geltenden Verjährungsfrist einzuklagen.
Das Parlament berät derzeit über längere Verjährungsfristen. Ansprüche aus Personenschäden sollen nach dem Willen des Nationalrats künftig bis zu 20 Jahre nach der Schädigung geltend gemacht werden können. Heute gilt eine Frist von 10 Jahren. Die ständerätliche Rechtskommission will diese sogar auf 30 Jahre ausdehnen.
Während eines Jahres nach Inkrafttreten sollen Asbestopfer rückwirkend von diesen längeren Fristen profitieren können – wenn also die heute geltende 10-jährige Frist bereits abgelaufen ist, nicht aber die künftige längere Frist. Die Rechtskommission habe bei ihrem Entscheid das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) berücksichtigt, sagte Kommissionspräsident Stefan Engler (CVP/GR) am Mittwoch auf Anfrage.
Dieses hatte im März 2014 die Schweizer Verjährungsfristen als zu kurz gerügt. Asbestopfer oder ihre Angehörigen könnten ihre Ansprüche unmöglich innerhalb der vorgesehenen zehn Jahre geltend machen. Asbestbedingte Krankheiten treten in der Regel erst lange, manchmal Jahrzehnte, nach dem Kontakt mit der Substanz auf.
Verschiedene Lösungen möglich
Vor diesem Hintergrund hat sich der Bundesrat bereits vor Jahresfrist für eine Sonderregelung für Asbestopfer ausgesprochen. Im Nationalrat fand die Rückwirkung allerdings keine Mehrheit. Nun soll ein Runder Tisch unter der Leitung von Alt Bundesrat Moritz Leuenberger einen Ausweg aus der verfahrenen Situation finden. Zur Diskussion steht etwa eine Entschädigung der Opfer durch einen Fonds.
Die ständerätliche Rechtskommission hat ihre Sonderlösung ausdrücklich unter den Vorbehalt gestellt, dass ein Fonds nicht zu Stande kommt. Wenn Ansprüche aus Personenschäden anders abgegolten werden können, soll die Rückwirkung nicht gelten. Auch sollen nur direkt Geschädigte davon profitieren, also die Opfer und ihre Angehörigen, nicht aber Erben.
Auch bei der Verjährungsfrist für vertragliche Forderungen will sich die Rechtskommission nicht dem Nationalrat anschliessen. Sie will diese auf 10 Jahre vereinheitlichen. Der Nationalrat hatte beschlossen, bei Miet- und Pachtverträgen, Arbeitsverträgen, Lebensmittellieferungen oder Geschäften mit Anwälten und Notaren bei der geltenden Verjährungsfrist von 5 Jahren zu bleiben.
In der Gesamtabstimmung nahm die Kommission die geänderte Vorlage einstimmig an. Auch gegen die Rückwirkungsklausel hatte es nach Angaben der Parlamentsdienste keine Opposition gegeben.