Der Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) ortet «einen gewaltigen Nachholbedarf» bei den Lehrerlöhnen. Bis 2018 müsse aufgeholt werden, was in den letzten 20 Jahren versäumt worden sei. Nur so gebe es genügend Nachwuchs, der auch im Beruf bleibe.
Der LCH fordert deshalb eine Beseitigung der Unterbezahlung der Lehrkräfte und Kindergärtnerinnen, den automatischen Teuerungsausgleich sowie eine gesetzlich verankerte Lohnentwicklung. Denn Lehrpersonen hätten ja innerhalb der Schule keine grossen Karrierechancen, sagte LCH-Zentralpräsident Beat W. Zemp vor den Medien in Zürich.
Als Beleg für die aus seiner Sicht ungenügende Entlöhnung und die mangelhafte Lohnentwicklung der Lehrkräfte präsentierte der LCH am Donnerstag eine Salärvergleichsstudie. Die unabhängige Beratungsfirma Towers Watson hat die Bezahlung von Lehrpersonen im Kanton Aargau verglichen mit jener von anderen Berufsleuten in Tätigkeiten, die vergleichbare Anforderungen stellen.
Vergleichbare Tätigkeiten ortet die Studie in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Public (Verwaltung) und Übrige Industrie.
Die Autoren der Studie kommen zum Schluss, dass beispielsweise eine Primarlehrperson mit zehn Jahren Erfahrung gegenüber einer vergleichbaren Stelle in der Finanzbranche «bis zu 39 Prozent Lohneinbusse» in Kauf nimmt.
Lohnentwicklung «nicht konkurrenzfähig»
Mit einem Einstiegslohn von rund 77’000 Franken pro Jahr seien Aargauer Primarlehrer «von Anfang an im Nachteil», heisst es weiter. Lehrpersonen der Sekundarstufe I (knapp 88’000 Franken) können beim Einstiegslohn mithalten, die Einstiegslöhne der Berufsschullehrer (rund 96’000 Franken) liegen über den Vergleichswerten. Beide fallen aber gemäss Studie im Verlauf von zehn Jahren zurück.
Wer an einer Mittelschule unterrichtet, entgeht diesem Schicksal. Hier beträgt der Einstiegslohn etwas über 102’000 Franken. Nach zehn Berufsjahren liegt er bei rund 125’000 Franken und platziert sich zwischen den Vergleichsmärkten Public und Übrige Industrie.
Auch wenn sich die Situation in jedem Kanton etwas anders präsentiert, ist laut LCH-Zentralpräsident Beat W. Zemp die Lohnentwicklung bei den Lehrerlöhnen «nicht konkurrenzfähig», wie er vor den Medien ausführte.
Zur «misslichen Lohnsituation» trage zudem bei, dass die Reallohnentwicklung seit Beginn der 90er Jahre unter jener aller anderen wesentlichen Branchen liege.
In etlichen Kantonen und auf verschiedenen Schulstufen ergibt sich laut Zemp die «absurde Situation», dass Lehrpersonen nominal gleichviel verdienen wie 1993 oder unwesentlich mehr, obwohl inzwischen gegen 16 Prozent Teuerung aufgelaufen seien.
Abwanderung eindämmen
Gemäss LCH-Zentralsekretärin Franziska Peterhans wirkt sich die Lohnsituation, neben anderen Faktoren, auch auf die Attraktivität des Berufes und damit auf das Verbleiben im Lehrberuf aus. Diesen verlassen im ersten Jahr 16 Prozent, nach fünf Jahren ist ein Viertel weg und nach zehn Jahren die Hälfte der ausgebildeten Lehrpersonen.
Laut Peterhans macht es jedoch keinen Sinn, für teures Geld Leute auszubilden, die nur kurz im Beruf arbeiten. Deshalb müsse man alles tun, sie in der Schule zu halten. Die Schweiz dürfe nicht an der wichtigen Ressource Bildung sparen.
EDK widerspricht LCH
Die Schweizerische Konferenz der Erziehungsdirektoren (EDK) kritisiert den LCH. Die Darstellungen des LCH betreffend Unterbezahlung der Lehrpersonen und entsprechend hohen Austrittsraten stehe «in verschiedener Hinsicht in Widerspruch zu Daten des Bundesamtes für Statistik (BFS)», schreibt die EDK.
Wie die EDK weiter festhält, sind gemäss BFS die Einstiegslöhne im Lehrerberuf konkurrenzfähig und die Verweildauer im Beruf ist hoch.