VErgleich Vikoria – Traumland- Ausgangspunkt Claramatte von Jonas Schaffter
Claramatte Jonas Schaffter
Wer die Bilder sieht, kann fast nur Idylle entdecken. In dem Kurzfilm von Jonas Schaffter sehen wir die Claramatte als friedliche Quartier-Grünfäche. Wären da nicht die Stimmen aus dem Off. Sie weisen auf Konflikte hin, die die Kamera nicht einfangen will. Gibt es sie nur unter vorgehaltener Hand?
die Stimmen …
Zitat von Film …
In den mittelalterlichen Städten trugen die Strassen einen Namen, der als Hinweis für die Handelsreisenden fast in jeder Stadt gültig war: Frauenstrasse. Dort, das wusste Mann, verkauften Frauen ihre Körper. Möglich war diese Verkaufstätigkeit durch: Die Rolle der Frau,
Ihr Name Die Claramatte war eine Zeitlang das Kennwort für den Strassenstrich in Basel. Neben den Etablissements an Rhein- und Ochsengasse etablierte sich ein weiterer Einkaufs-Markt für käuflichen Sex. Die Drogensüchtigen schufen im Wildwuchs neue Verkaufsflächen.
Wo immer die Einkommensschere und die Geschlechter-erschiede und Gender-
«Viktoria» beginnt im ungarischen Hinterland. Dort, wo die Zivilisation nicht mehr Fuss fassen mag. In zerfallenen Plattenbauten. Einwohner wohnen da , die seit Generationen da wohnen, wie unwillkommene Einwanderer behandelt werden. Die Häuser sind am zerfallen. Die Wasserrechnung ist nicht bezahlt. Die Schulen sind weit weg. Die Frauen haben den Männern zu gehrochen. Das Recht des Stärkeren drückt sich nicht in höheren Einkommen aus, sondern in härteren Fäusten.
«Traumland» spielt mitten unter uns. Fast interessiert uns das Leben der Sozialarbeiterin mehr, als das ihrer Kundinnen: Die Mädchen, die in Zürich als Sex-Workerinnen arbeiten.
Unterm Strich bleibt: Ein Film, der eine lose Bestandesaufnahme der sexuellen Schweiz versucht. Volpe macht sich auf eine Reise in die Sprache der Sexualität: zwischen die Worte
sich auf die Reise macht
Volpe führt uns Menschen vor, ohne ein Urteil zu fällen. Sie unterläuft damit geschickt unsere Vorurteile. Sie siedelt den Verkauf von weiblichen Körperleistungen mitten unter uns an. Sie zeigt, wo wir uns täglich ein Stelldichein mit den Sexworkerinnen geben könnten. Bei der Waschküchenordnung, in der Nähe der Einkaufskörbe, im Handyshop.
Der Verkauf sexueller Dienstleistungen gehört zur Dienstleistungsgesellschaft: Dass Männer diese Dienstleistungsform eher in Kauf nehmen, liegt an vielen Gründen: Beide Filme weisen auf die Einkommensscher hin, beide Filme zeigen den Schritt an den Strassenrand als eine Geschäftsidee aus Verzweiflung.
Woher die Verzweiflung rührt, interessiert .. allerdings nicht: Sie zeigt die verzweifelten gesichtslos. Selbst die Opfer gewinnen kaum Kontur, wenn sie auch hervorragend gespielt sind. So verbringen wir von … , keine . . …. zeigt uns
Die Arbeitslosen-Heere im Osten (und bald wieder Süden?) sind die Reserve-Armee dieses Menschenhandels. Die Geschäftsidee dieser Menschen ist nicht besonders ungewöhnlich, solange es derartige Unterschiede in der sozialen Absicherung wie in der Entlöhnung von Arbeit gibt: Diese Menschen verkaufen sich unter dem hier geltenden Mindestlohn, weil bei ihnen zu Hause ein noch tieferer gilt. Sie verkaufen physische Dienstleistungen, weil ihnen der Zugang zu anderen Diensleistungssektoren verwehrt bleibt. Sie geraten in Gesellschaft von zwielichtigen Menschenhändlern, weil nirgendwo an der physischen Arbeit andere so leicht Geld verdient werden kann. Sie bleiben ungeschützt, weil diese Arbeit im Verborgenen stattfinden muss. Sei es auf dem Bau und auf dem Strich. Die Arbeitskraft dieser Menschen ist meist ungenügend gegen Arbeitsunfälle versichert. Die Situation der Sexworkerinnen unterscheiden sich von jener von Schwarzarbeitern letztlich in wenigen Dingen. Keiner der beiden Filme formuliert es so unappetitlich: Schwarzarbeiter müssen ihre Hände und Arme verkaufen. Sexworkerinnen Münder und Geschlechtsteile. Die Würde wird beiden mit jedem bezahlten Franken genommen.
Unterm Strich ist der Strich eine würdelose Schwarzarbeit. Da helfen alle Versuche, Sexdienstleistungen gegen Geld durch Freiwilligkeit zu adeln nicht sehr viel weiter. «Traumland» schafft es, das zu zeigen: Dass selbst zwischen der freiwilligsten Sexworkerin und der allerherzliebsten Freier immer das Geld steht. Doch Geld ist nicht lieb. Auch wenn es gerne das liebe Geld genannt wird. Es ersetzt auch nie Liebe. Es drückt nur Machtverhältnisse aus. Und zwischen Männern und Frauen herrscht da noch.