Eines der bisher grössten volkskundlichen Editionsprojekte der deutschen Wissenschaft ist abgeschlossen. Knapp 60 Jahre nach Beginn der Arbeiten sei die Enzyklopädie des Märchens vollendet, teilte die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen am Dienstag mit.
Das Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung liege nun in 15 Bänden vor, sagte Sprecherin Adrienne Lochte. Mehr als 1000 Autoren aus 80 Ländern sind darin mit knapp 4000 Artikeln vertreten. Offiziell endet das Grossprojekt mit einer internationalen Konferenz der Erzählforscher am 25. und 26. November in Göttingen.
Die Enzyklopädie des Märchens war von Kurt Ranke gegründet und 1958 auf dem Deutschen Volkskundekongress in Nürnberg erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt worden.
Für die Enzyklopädie haben die Forscher Märchen aus aller Welt gesammelt und deren soziale, historische, psychische und religiöse Hintergründe untersucht. Dabei geht es nicht nur um klassische Märchen wie die der Brüder Grimm, sondern auch um Tiergeschichten, Fabeln, Legenden oder Sagen. Kunstmärchen – also in der Fantasie der Autoren entstandene Geschichten – blieben dagegen unberücksichtigt.
Die Fachartikel geben auch Auskunft über Forschungstheorien, Gattungs- und Stilfragen, Erzähltypen und -motive, Erzähler, Forscher und Sammler. Im Zusammenhang mit der Arbeit an dem Monumentalwerk entstand eine Spezialbibliothek zur Erzählforschung. Sie ist jetzt Teil der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen.