Erdogan bezeichnet belastende Telefonmitschnitte als «Komplott»

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat neue Korruptionsvorwürfe gegen ihn zurückgewiesen. Eine im Internet verbreitete kompromittierende Tonaufnahme sei eine «schamlose Montage», sagte Erdogan vor Abgeordneten seiner AK-Partei.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (Archiv) (Bild: sda)

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat neue Korruptionsvorwürfe gegen ihn zurückgewiesen. Eine im Internet verbreitete kompromittierende Tonaufnahme sei eine «schamlose Montage», sagte Erdogan vor Abgeordneten seiner AK-Partei.

Sie stelle einen heimtückischen Angriff auf das Amt des Ministerpräsidenten dar. Selbst die verschlüsselten Telefone der Staatsführung seien abgehört worden. Gegen die Verantwortlichen werde er rechtliche Schritte einleiten.

In der über Youtube verbreiteten Tonaufnahme ist angeblich Erdogan zu hören, wie er seinen Sohn Bilal auffordert, Millionenbeträge vor Korruptionsermittlern in Sicherheit zu bringen. Beide beraten angeblich darüber, wie das Geld auf verschiedene Unternehmer zu verteilen sei.

Das Gespräch soll just am 17. Dezember geführt worden sein, an dem die Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung erstmals aufgetaucht waren.

Kampf um Kontrolle über die Justiz

Istanbuler Staatsanwälte hatten damals dutzende Verdächtige festnehmen lassen, darunter auch die Söhne von zwei Ministern. Bei dem Skandal geht es unter anderem um die Bestechung von Politikern um illegale Goldgeschäfte der staatlichen Halkbank mit dem Iran sowie um illegale Bauvorhaben.

Erdogan hatte die Ermittlungen als ausländische Verschwörung bezeichnet. Er liess anschliessend hunderte Polizisten und Staatsanwälte versetzen. Vor zehn Tagen billigte das Parlament dann ein Gesetz, das der Regierung mehr Einfluss auf die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten verleiht.

Anhänger Erdogans werfen dem in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen vor, die gesamte Korruptionsaffäre durch ihm ergebene Justizbeamte eingefädelt zu haben. Der in den USA lebende Gülen, der über ein ganzes Geflecht an Schulen, Unternehmen und Medienhäusern in der Türkei verfügt, bestreitet eine solche Beteiligung.

Rücktrittsforderungen der Opposition

Die Republikanische Volkspartei (CHP), die grösste Oppositionspartei im Land, warf Erdogan vor, er habe jede Legitimation verloren und müsse zurücktreten. Die Mitschnitte der Telefongespräche seien echt. Die zweitgrösste Oppositionspartei im Parlament, die nationalistische MHP, kündigte eine Stellungnahme an.

In der Hauptstadt Ankara ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern gegen mehrere Hundert Demonstranten vor, die an einer Universität von Ankara gegen Erdogan protestierten. «Regierung tritt ab!» und «Erdogan ein Dieb!», riefen sie. Die meisten der Demonstranten waren Studenten.

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