Ungeachtet der Kritik aus der EU will Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan die «Säuberungen» in der Türkei nun auch auf die vom Putschversuch bereits angeschlagene Wirtschaft ausdehnen. «Die, die bis jetzt gefasst wurden, sind nur die Spitze des Eisbergs», sagte er.
Die Gülen-Bewegung sei besonders stark im Wirtschaftssektor vertreten, sagte Erdogan am Donnerstag vor den Vorsitzenden von Handelskammern und Börsen in Ankara. Er rief Geschäftsleute dazu auf, auch in diesem Bereich Gülen-Anhänger den Behörden zu melden. «Ich sage euch, das kann sogar euer Verwandter sein.»
Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Wer die Gülen-Bewegung finanziere, trage nicht weniger Schuld als die Putschisten selber, betonte Erdogan. «Wir werden kein Mitleid haben.»
Der Präsident sagte zu den Massnahmen: «Wir haben noch keinen Punkt gesetzt, das ist erst das Komma.» Es werde kein Nachlassen bei der «Säuberung» der Türkei von Gülen-Anhängern geben. «Der Virus hat sich überall ausgebreitet.»
Wirtschaft leidet
Erdogan forderte Banken dazu auf, die Zinsen für Immobilienkäufe auf unter zehn Prozent zu senken. «Ihr werdet daran schon nicht verlieren», sagte er. Hohe Zinsen seien ein «Drangsal».
Die jährliche Inflationsrate stieg im Juli unerwartet stark auf 8,8 Prozent. Das Handelsministerium rechnet nach einem Bericht der Zeitung «Hürriyet» vom Dienstag in Folge des Putschversuches mit wirtschaftlichen Schäden von umgerechnet mindestens 90 Milliarden Euro.
Die Türkische Lira brach ein. Der wichtige Tourismussektor hatte bereits vor dem Putschversuch wegen der Terroranschläge massive Einbussen. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s bezeichnet die Türkei inzwischen als «Hochrisiko»-Land.