Migrantinnen und Migranten rufen die Stimmberechtigten dazu auf, mit einem Ja am 12. Februar der Enkelgeneration die Einbürgerung zu erleichtern. Sie versuchen aufzuzeigen, wie kompliziert die Praxis heute ist.
Jede Gemeinde und jeder Kanton organisiere die Einbürgerung anders, überall gälten andere Regeln, sagte Suthakaran Ganapathipillai am Donnerstag an einer Medienkonferenz der SP MigrantInnen in Bern.
Der Schweizer mit sri lankischen Wurzeln berät im Kanton Solothurn Menschen, die sich einbürgern lassen möchten. Viele verlören den Durchblick, stellte er fest. Ein Ja in der Abstimmung würde wenigstens für die dritte Generation ein einheitliches und nachvollziehbares Verfahren garantieren.
Es gehe um Personen, die in der Schweiz geboren seien und die obligatorische Schule besucht hätten, betonte er. Die meisten hätten kaum oder keine Verbindung zur Heimat. Ausgrenzung schade dem friedlichen Zusammenleben.
Schweizer Werte
Florim Kadriu, dessen Eltern aus dem ehemaligen Jugoslawien stammen, kämpfte sich ebenfalls durchs ordentliche Einbürgerungsverfahren, mit etlichen Verzögerungen – unter anderem, weil die zuständige Sachbearbeiterin die Stelle wechselte. Die in der Schweiz aufgewachsenen Ausländerinnen und Ausländer verträten Schweizer Werte wie Schweizerinnen und Schweizer, sagte er – «manchmal auch besser».
Apiyo Brändle-Amolo aus Kenia empfindet die Einbürgerung als grosse Ehre. Selbst nach 17 Jahren in der Schweiz überwältige es sie immer noch, dass sie in diesem Land mitbestimmen könne. Für viele Migrantinnen und Migranten sei die normale Einbürgerung aber aufwändig und teuer. Zumindest jene, deren Familie schon seit drei Generationen in der Schweiz zuhause sei, sollten nicht den komplizierten Einbürgerungsprozess durchlaufen müssen. Die Schweiz sei eine Willensnation.
Verantwortung für Junge
Mustafa Atici, der aus der Türkei stammende Präsident der SP MigrantInnen, reichte 1999 ein Einbürgerungsgesuch ein. Seither habe sich leider wenig verändert, stellte er fest. Die Hürden seien hoch. Es sei aber wichtig, möglichst viele junge Erwachsene gesellschaftlich in die Verantwortung zu nehmen.
Nicht eingebürgert ist Linda Reis aus Portugal. Dass die Einbürgerung auch für die Enkel von Eingewanderten schwierig ist, empfindet sie als ungerecht. Diese seien auf dem Papier nicht Schweizer und in ihrer Kultur und ihrem Herzen nicht Portugiesen, stellte sie fest.
Nur wenige profitieren
Die Waadtländer SP-Nationalrätin Ada Marra, welche die geplante Änderung angestossen hatte, erinnerte daran, dass nur ein kleiner Teil der Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz von der erleichterten Einbürgerung profitieren könnte – weniger als 3 Prozent all jener, die sich potenziell einbürgern lassen könnten.
Mit einem Ja am 12. Februar würde für sie ein Paradigmenwechsel eingeführt. Die jungen Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation müssten nicht länger beweisen, dass sie integriert seien. Sie würden als integriert gelten, wenn der Kanton oder die Gemeinde nicht widersprächen.
Kritik an Burka-Plakaten
«Machen wir diese Geste», sagte Marra, die einen italienischen Migrationshintergrund hat. Es handle sich um einen kleinen Schritt. In diesen Zeiten sei es wichtig, zu den Tatsachen zurückzukehren.
Andere nahmen explizit Bezug auf das Burka-Plakat, mit dem die Gegner für ein Nein werben. Das Plakat entbehre jeglicher sachlichen Grundlage, sagte Kadriu. Brändle-Amolo sprach von einem billigen Versuch, vom eigentlichen Thema abzulenken.
Aufruf zur Einbürgerung
Neben der kommenden Abstimmung haben die SP MigrantInnen auch die schärferen Regeln für das ordentliche Einbürgerungsverfahren im Blick, die ab 2018 gelten. Sie rufen Einbürgerungswillige dazu auf, möglichst noch vorher einen Einbürgerungsantrag zu stellen. Ab 2018 kann das nur noch tun, wer eine Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis) hat.
Dass die SP sich für Einbürgerungen einsetzt, um Stimmen für sich zu gewinnen, stellte Ada Marra in Abrede: Leider treffe es nicht zu, dass alle Eingebürgerten links wählten und stimmten. Das zeige sich dort, wo Migrantinnen und Migranten das Stimmrecht hätten. Die Vielfalt sei ebenso gross wie jene unter Schweizerinnen und Schweizern.