Die Staatsanwaltschaft in Ruanda hat Untersuchungen gegen 20 französische Regierungs- und Behördenvertreter wegen ihrer mutmasslichen Rolle beim Völkermord 1994 eröffnet. Ruanda habe die zuständigen französischen Stellen informiert.
Man erwarte «eine gute Zusammenarbeit im Verlauf dieser Untersuchung», hiess es in einer am Dienstag in Kigali veröffentlichten Erklärung von Generalstaatsanwalt Richard Muhumuza. Die Untersuchung solle zunächst die genaue Rolle der Verdächtigen in dem Geschehen vor 22 Jahren beleuchten.
Danach werde entschieden, ob offiziell Anklage erhoben werden solle. Muhumuza behielt es sich vor, die Untersuchung auf weitere Vertreter Frankreichs auszuweiten, wenn sich neue Hinweise ergäben.
Die ruandische Regierung schiebt Frankreich seit langem eine Mitverantwortung an dem Völkermord zu, was die bilateralen Beziehungen schwer belastet. Ruanda verweist auf die engen Beziehungen zwischen Paris und der Regierung des damaligen Präsidenten Juvenal Habyarimana, eines Nationalisten aus der Volksgruppe der Hutu.
«Unerhörte Lüge»
Die Regierung in Kigali wirft Frankreich unter anderem vor, ruandische Armeeeinheiten ausgebildet zu haben, die sich später am Völkermord beteiligten. Habyarimanas Tod 1994 war Auftakt des Völkermords, in dem mindestens 800’000 Angehörige der Volksgruppe der Tutsis, aber auch moderate Hutus, getötet wurden. Nach dem Völkermord kam der Tutsi Paul Kagame an die Macht, er ist heute noch Präsident.
Die französische Regierung wollte sich am Dienstag nicht direkt zur Ankündigung der ruandischen Justiz äussern. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums verwies auf Anfrage auf Äusserungen von Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian von Mitte November. Le Drian hatte damals gesagt, es sei eine «unerhörte Lüge, dass die französische Armee sich am Völkermord beteiligt» habe.