Ein chinesisches Gericht hat erneut einen Regierungskritiker zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Ein Volksgericht in der zentralchinesischen Stadt Wuhan befand den Bürgerrechtler Li Tie der „Untergrabung der Staatsgewalt“ für schuldig.
Dies berichtete die internationale Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders (CHRD) am Donnerstag. Li sei für das Schreiben von Essays über Demokratie, verfassungsmässige Regierungsführung und lokale Wahlen zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft habe Li „regierungsfeindliche Gedanken“ vorgeworfen, die zu Aktionen gegen die Regierung führen könnten.
Lis Familie zufolge will der Verurteilte Berufung gegen das Urteil einlegen. Ein Angehöriger sagte am Donnerstag, der staatlich bestimmte Pflichtverteidiger habe sich geweigert, den Angehörigen eine Kopie des am Vortag ausgesprochenen Urteils auszuhändigen.
Li ist bereits der dritte Dissident, der in den vergangenen Wochen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Nach Ansicht von Beobachtern wollen die Behörden damit vor einem Generationenwechsel in der kommunistischen Führung den Druck auf die Opposition erhöhen.
Die Kommunistische Partei bestrafe altgediente Aktivisten „einen nach dem anderen“, sagte eine Vertreterin von Amnesty International. Dies hänge möglicherweise auch mit der Sorge vor einem Übergreifen der Proteste des Arabischen Frühlings auf China zusammen.
Auch CHRD-Direktorin Renée Xia meinte, die hohen Strafen seien ein Beweis für die Angst der chinesischen Behörden, dass der Funke der demokratischen Volksaufstände im arabischen Raum nach China überspringen könnte.