Erneut Freispruch im Prozess um tödliche Fehldiagnose am Spital Wil

Die Chefärztin Gynäkologie trägt die alleinige Verantwortung am Tod einer 34-jährigen Mutter nach der Totgeburt ihres Kindes am Spital Wil im Jahr 2007. Das Kreisgericht Wil hat einen weiteren Arzt freigesprochen. Dem damaligen Chefarzt Anästhesie war vom Staatsanwalt fahrlässige Tötung vorgeworfen worden.

Im Prozess um eine tödliche Fehldiagnose im Spital Wil ist ein weiterer Arzt freigsprochen worden (Symbolbild) (Bild: sda)

Die Chefärztin Gynäkologie trägt die alleinige Verantwortung am Tod einer 34-jährigen Mutter nach der Totgeburt ihres Kindes am Spital Wil im Jahr 2007. Das Kreisgericht Wil hat einen weiteren Arzt freigesprochen. Dem damaligen Chefarzt Anästhesie war vom Staatsanwalt fahrlässige Tötung vorgeworfen worden.

Die Bäuerin und siebenfache Mutter erlitt im Oktober 2007 nach einer Fehldiagnose Organschädigungen, unter anderem am Herzmuskel. Die Frau hatte bei der Totgeburt einen lebensgefährlichen Gebärmutterriss erlitten. Als die Patientin nach mehreren Stunden notfallmässig ins Kantonsspital St. Gallen verlegt wurde, war es zu spät. Sie starb im Kantonsspital.

Es sei nicht erwiesen, dass der Chefarzt Anästhesie über die bedrohliche Situation der Patientin informiert gewesen sei, sagte der Gerichtspräsident am Dienstag in der Urteilsbegründung. Dem Angeschuldigten könne kein strafrechtliches Unterlassen, auch nicht fahrlässig, vorgeworfen werden.

Fatale Fehler vorgeworfen

Der Angeklagte – der vierte Arzt, der wegen des Todes der Frau vor Gericht stand – musste sich vom Staatsanwalt fatale Fehler vorwerfen lassen. Gemäss Anklage versäumte er es, sich persönlich zur Patientin zu begeben und sich ein Bild von der Situation zu machen. Ausserdem habe er den Oberarzt zu wenig kontrolliert und ihn stundenlang ohne Aufsicht arbeiten lassen.

Statt sich um die in Lebensgefahr schwebende Patientin zu kümmern, seien der Chefarzt Anästhesie und die Chefärztin Gynäkologie nach dem Morgenrapport in den Operationssaal gegangen, um andere Patienten zu operieren, sagte der Staatsanwalt und forderte eine bedingte Geldstrafe von 46’800 Franken und eine Busse von 6000 Franken.

Der Angeklagte sei nie direkt an der Behandlung der Patientin beteiligt gewesen, sagte dagegen der Verteidiger des Arztes. Der Oberarzt Anästhesie habe von sich aus angeboten, die Patientin nach der Totgeburt ihres Kindes weiter zu betreuen. Der Angeklagte habe keine Kenntnis davon gehabt, dass die Frau in Lebensgefahr schwebe. Die Verantwortung lag bei der Gynäkologie.

Oberärzte ebenfalls freigesprochen

Vor einer Woche wurden wegen des Todesfalls eine ehemalige Oberärztin der Gynäkologie und ein ehemaliger Oberarzt der Anästhesie des Spitals Wil vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen.

Die Chefärztin der Gynäkologie am Spital Wil war bereits im Juni verurteilt worden. Das Kreisgericht Wil sprach gegen sie wegen fahrlässiger Tötung eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren aus. Die Chefärztin hatte eine Fehldiagnose gestellt, worauf die Patientin falsch behandelt wurde.

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