Auf der Sinai-Halbinsel ist es am frühen Sonntagmorgen erneut zu Angriffen auf Sicherheitskräfte gekommen. Eine Gruppe Bewaffneter habe zunächst das Feuer auf einen ägyptischen Polizeiposten eröffnet und später internationale Friedenssoldaten beschossen, sagten Vertreter der Sicherheitsbehörden.
Es sei aber niemand verletzt worden. In den vergangenen Tagen war es bereits wiederholt zu ähnlichen Vorfällen gekommen. Nach der Tötung von 16 Grenzpolizisten durch mutmasslich israel-feindliche Islamisten in Rafah vor einer Woche ist die Lage auf der Halbinsel äusserst gespannt.
Der neue ägyptische Präsident Mohammed Mursi ordnete eine Offensive gegen die Extremisten an und entsandte Hunderte Soldaten in das Gebiet. Bis zu 20 mutmassliche Extremisten sollen nach Armeeangaben seitdem getötet worden sein.
Fünf mutmassliche Extremisten angeklagt
Die ägyptischen Behörden haben im Zusammenhang mit der Tötung der 16 Grenzpolizisten Anklage gegen fünf der mutmasslichen Extremisten erhoben. Ihnen wird die Ausbildung von Dschihadisten vorgeworfen, wie ein Sicherheitsbeamter am Samstag mitteilte.
Demnach sollen einige der Angeklagten auch an früheren Angriffen auf Polizeiwachen sowie an Menschen- und Waffenhandel zwischen Ägypten, dem Gazastreifen und Israel beteiligt gewesen sein. Die fünf Angeklagten gehören zu den ersten der Islamisten, die nach dem Angriff auf den Grenzübergang Rafah verhaftet worden waren.
Israel ob instabilem Sinai besorgt
In der Sinai-Wüstenregion leben Beduinenstämme, die sich von der Regierung in Kairo im Stich gelassen fühlen, aber auch anti-israelische Extremisten, Waffen- und Drogenschmuggler sowie Al-Kaida-Sympathisanten. Seit dem Sturz des langjährigen Präsidenten Husni Mubarak im vergangenen Jahr hat sich die Sicherheitslage in dem Gebiet verschlechtert.
Israel befürchtet, dass der Sinai sich zum Rückzugsgebiet für Islamisten entwickelt, die von dort aus gemeinsam mit Extremisten aus dem Gazastreifen Anschläge auf den jüdischen Staat verüben könnten und so den Friedensvertrag mit Ägypten gefährden.
Auch Ägyptens Präsident Mursi wird dadurch in eine schwierige Lage gebracht. Er muss sich gegen Vorwürfe wehren, wegen seiner Nähe zu den islamistischen Muslimbrüdern möglicherweise nachgiebiger mit den Extremisten umzugehen.
Ausgabe von oppositioneller Zeitung konfisziert
Wegen Vorwürfen der Präsidentenbeleidigung haben die ägyptischen Behörden derweil die Samstagausgabe einer privaten oppositionellen Tageszeitung beschlagnahmt. Ein Gericht in Kairo ordnete die Einziehung der Exemplare der Zeitung „Al Dustur“ an.
Dies geschah, nachdem mehrere Klagen wegen „Schürens von Aufruhr“ und „Beschädigung des Präsidenten durch gesetzlich strafbare Sätze und Wörter“ eingereicht worden waren, wie die amtliche Nachrichtenagentur MENA berichtete. In der Ausgabe hatte die Zeitung zum Widerstand gegen die Muslimbruderschaft aufgerufen.
Das Boulevardblatt gehört einem christlichen Unternehmer und hatte Präsident Mursi und die Muslimbruderschaft bereits in den vergangenen Wochen scharf kritisiert. Zugleich hatte das Blatt Partei für den Militärrat ergriffen, der nach dem Sturz von Mubarak Anfang vergangenen Jahres die Macht übernommen hatte.